3D-Druck effektiv nutzen
3YOURMIND ist heute einer der führenden Anbieter von Softwarelösungen für den industriellen 3D-Druck
Vom Start-up zum großen Player: 3YOURMIND bietet Softwarelösungen für die additive Fertigung. Nun musste die Firma das Charlottenburger Innovationszentrum CHIC verlassen.
Für junge Unternehmen, die Hochtechnologie und Kreativität miteinander verbinden, ist das Charlottenburger Innovationszentrum CHIC eine gute Adresse. In dem Gebäude an der Bismarckstraße finden sie das ideale Umfeld, um ihre Ideen voranzubringen. Rund 60 Firmen sind hier, darunter war bis Ende 2020 auch das Unternehmen 3YOURMIND.
Die Gründer Aleksander Ciszek und Stephan Kühr haben in den vergangenen sechs Jahren sehr viel sehr richtig gemacht. Ihr Start-up ist gewachsen und heute einer der führenden Anbieter von Softwarelösungen für die Additive Fertigung, sprich industriellen 3D-Druck. Mehr als 60 Mitarbeitende sind inzwischen dabei, rund zwei Drittel davon in Berlin, die übrigen Teammitglieder in München, Paris, Novi (Michigan) und San Francisco. Für das CHIC, eine Art Biotop für Start-ups, ist das Unternehmen schlicht zu groß geworden. Es musste Platz machen für neue Gründende.
„2014 war 3D-Druck relativ neu“, erzählt Stephan Kühr. „Er versprach nahezu unbegrenzte Möglichkeiten für das Design von Werkzeugen und Produkten.“ Der junge Wirtschaftsphysiker aus Ulm arbeitete zunächst im 3D-Labor der Technischen Universität Berlin gemeinsam mit Aleksander Ciszek aus Warschau. Schnell wurde klar: In der Technologie steckte zwar enormes Potenzial, doch sie erforderte viele Arbeitsschritte. Zu viele für den großflächigen Einsatz in der Industrie. Sollte hier der Durchbruch gelingen, müssen Prozesse automatisiert werden.
Mit dieser Idee gründeten die beiden 3YOURMIND. „Wir sind eine Art SAP für 3D-Drucker“, sagt Kühr und erläutert das an einem Beispiel: Für den Angebotsprozess können Interessierte die Daten mit einem CAD-Programm analysieren, vom 3D-Drucker die Produktionszeit berechnen, in Excel die Kosten berechnen und in Word ein Angebot erstellen lassen, das dann per E-Mail versandt wird. Oder die Kundschaft automatisiert die Prozedur, gibt nur die aktuellen Daten ein und die Software sendet das passende Angebot. Kühr: „Das tun wir über die gesamte Prozesskette von der Skizze bis zum fertigen Bauteil.“ So kommen Ideen schneller auf den Drucker, dieser wird besser ausgelastet und die Kosten sinken. Kunden wie Volkswagen, Continental, die Deutsche Bahn AG sowie Unternehmen der Luft- und Raumfahrt profitieren davon. „Gerade als Versorgungswege in der Coronakrise zusammengebrochen sind, hat sich gezeigt, welchen Wert 3D-Druck haben kann“, sagt der Gründer. Anstatt lange auf Teile zu warten, hätten manche seiner Kunden diese einfach ausgedruckt.
Die meisten Beschäftigten der Softwareschmiede waren im letzten Jahr im Homeoffice. „Das hat recht gut funktioniert, denn wir hatten schon früher teilweise so gearbeitet“, sagt Kühr. Problemlos habe die Firma einzelne Räume, die nicht mehr benötigt wurden, abgeben können. Das CHIC und dessen Leiter Lars Hansen seien sehr flexibel. „Angefangen haben wir mit sechs Leuten in zwei Büros, später ging es auf 30 Mitarbeitende hoch, letztes Jahr die räumliche Verkleinerung – da muss man erst einmal jemanden finden, der das mitmacht und unterstützt“, sagt er.
Hinzu kommen günstige Preise, Empfangsservice, Parkplätze und weitere organisatorische Dinge, mit denen sich Gründende anfangs ungern beschäftigen. „Die meisten wachsen in die Rolle als Unternehmerin und Unternehmer hinein“, sagt Hansen. Er kennt viele der Fallstricke auf dem Weg nach oben: Wenn aus Freunden Geschäftspartner werden, wenn die Firma wächst und einen zu überfordern droht. „Meine Tür ist offen, ich helfe gern, wenn das gewollt ist.“
Er folgt damit der Maxime der CHIC-Muttergesellschaft WISTA Management: „we get ideas done“. Die Idee, sagt Hansen, sei der erste entscheidende Schritt. „Dann kommen wir ins Spiel, indem wir die Menschen dahinter unterstützen: mit Räumlichkeiten und unseren Netzwerken. Wir möchten dazu beitragen, dass die jungen Unternehmen nicht nur tolle, innovative Ideen in erfolgreiche Geschäftsmodelle umsetzen, sondern auch einen Beitrag zur Wirtschaft und Gesellschaft leisten.“
Aleksander Ciszek und Stephan Kühr haben diesen Weg bisher gut gemeistert. Letzten September haben sie eine Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen, die ihrem Unternehmen 4,7 Millionen Euro bringt. Damit wollen sie nun auch stärker in den Energiesektor vordringen. „Wir werden personell weiter zulegen“, sagt Kühr. Neuer Firmensitz von 3YOURMIND sind die Sarotti-Höfe in Berlin-Kreuzberg.
Von Ralf Nestler für Potenzial – Das WISTA-Magazin