Alkoholtests und Schadstofftransfers
Zwei BAM-Projekte sollen helfen, europaweite Standards bei Umweltanalysen und Verkehrssicherheit zu etablieren
Die BAM stellt seit vielen Jahren zertifizierte Referenzmaterialien her. Diese Expertise ist schwer zu erlangen. Die BAM unterstützt nun zusammen mit Partnerinstituten andere nationale metrologische Institute in Europa, diese Expertise zu entwickeln und hochwertige Referenzmaterialen für ihren eigenen nationalen Markt zu produzieren. Zwei Beispiele.
Verkehrsunfälle sind die häufigste Todesursache bei 5- bis 29-Jährigen in Europa, so eine Studie der WHO aus dem Jahr 20151. Bei sehr vielen Verkehrsunfällen spielt Alkohol eine Rolle, und dies in allen Altersgruppen. Regional gibt es große Unterschiede. Statistiken zeigen, dass Länder in Nordeuropa im Schnitt besser abschneiden als andere europäische Länder. Das Ziel muss sein, die Anzahl von Verkehrsopfern in allen Ländern zu minimieren. Aber welche Maßnahmen wirken am besten? Die Risiken können durch eine gute Verkehrsinfrastruktur, bessere Verkehrsgesetze, Verkehrserziehung, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder auch durch Kontrollen verringert werden.
Bestimmung von Atemalkohol
Die Polizei benutzt sie, um alkoholisierte Fahrer aus dem Verkehr zu ziehen, Verkehrsteilnehmer fürchten sie: Atemalkohol-Kontrollen. Der Test ist einfach: Die Person, die von der Polizei kontrolliert wird, gibt eine Atemprobe ab, d. h. sie bläst in ein Messgerät. Beweissichere Atemalkohol-Messgeräte haben zwei Sensoren, die unabhängig voneinander den Ethanolgehalt in der Atemluft messen. Das Messgerät gibt schließlich ein Ergebnis aus. Wer mit zu viel Alkohol in der Atemluft erwischt wird, muss ein Bußgeld zahlen oder sogar den Führerschein abgeben.
Geräte, die zuverlässige, gerichtsfeste Daten liefern sollen, müssen geeicht sein. In Deutschland müssen Atemalkohol-Messgeräte alle sechs Monate überprüft werden. Beim Eichvorgang wird ein Referenzmaterial eingesetzt, das die BAM herstellt und verkauft. Die Internationale Organisation für das gesetzliche Messwesen (OIML) definiert in den Empfehlungen R 126 die Anforderungen, und diese sind hoch. Die Referenzlösung muss stabil sein, die Homogenität muss charakterisiert sein und es gibt für jedes Material ein Zertifikat. Bevor eine Lösung ausgeliefert wird, prüft die BAM das Referenzmaterial noch einmal, so dass sichergestellt ist, dass damit korrekte Messwerte erzielt werden können.
Wo liegt das Problem? Frau Dr. Rosemarie Philipp aus dem Fachbereich Umweltanalytik der BAM: „Die BAM stellt solche Referenzmaterialien schon seit mehr als zehn Jahren her. Wir machen das hauptsächlich für den deutschen Markt. Wir stellen pro Monat etwa 150 l von diesen Ethanollösungen her, und das ist auch unsere Kapazitätsgrenze. Wir würden es nicht schaffen, den gesamten europäischen Markt mit unseren Materialien abzudecken.“ Es geht also darum, andere nationale metrologische Institute in Europa zu befähigen, hochwertige Referenzmaterialien herzustellen, die dann für Atemalkoholmessungen in ihren Ländern eingesetzt werden können. Man setzt auf die abschreckende Wirkung von Kontrollen, Bußgeldern und Führerscheinentzug für alkoholisierte Fahrer.
Um dies europaweit voranzubringen, wurde ALCOREF ins Leben gerufen, ein Projekt unter dem europäischen Metrologie-Programm für Innovation und Forschung (EMPIR) mit insgesamt zehn europäischen Partnern, bei dem die BAM die Projektleitung hat.
Probleme auf europäischer Ebene lösen
Auch im Umweltbereich gibt es internationale Projekte, die andere europäische Staaten darin unterstützen, europaweite Standards zu implementieren, so z. B. das ENVCRM-Projekt, in dem Dr. Jochen Vogl mitwirkt. Der BAM-Fachbereich Anorganische Spurenanalytik ist Projektpartner. Das Projekt entwickelt Matrix-Referenzmaterialien für Umweltanalysen. Dr. Philipp erläutert: „Nehmen wir etwa die europäische Wasserrahmenrichtlinie. Da wurden Grenzwerte festgelegt, die europaweit gelten. Zur Überwachung ist es wichtig, gemeinsame Referenzmaterialien oder auch in jedem Land eigene, nationale Referenzmaterialien zu haben, bei vergleichbaren Qualitätsstandards. Deutschland hat ein Interesse daran, dass Umweltstandards auch in anderen Ländern eingehalten werden, denn der Schadstofftransfer macht an den Landesgrenzen nicht halt. Die Schadstoffe werden über Flüsse oder die Luft weiter verbreitet und belasten dann auch die Umwelt in den angrenzenden Ländern.“
Internationale Probleme brauchen internationale Lösungen. Ob Umwelt oder Verkehrssicherheit – es geht um gemeinsame Standards und letztendlich um eine bessere Lebensqualität. Die BAM und andere nationale europäische Staatsinstitute geben in gemeinsamen Projekten ihr Know-How an diejenigen metrologischen Institute weiter, die ihre Standards angleichen wollen oder laut EU-Recht sogar müssen.
Weiterführende Links
- 1 WHO - European facts and the status report on road safety 2015
- ALCOREF - Certified forensic alcohol reference materials
- ENVCRM - Matrix reference materials for environmental analysis
Kontakt
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
Abteilung 1: Analytische Chemie; Referenzmaterialien
Dr. rer. nat. Rosemarie Philipp
Fachbereich 1.8 Umweltanalytik
Telefon: +49 30 8104-5893
E-Mail: Rosemarie.Philipp(at)bam.de
Dr. rer. nat. Jochen Vogl
Fachbereich 1.1 Anorganische Spurenanalytik
Telefon: +49 30 8104-1144
E-Mail: Jochen.Vogl(at)bam.de