Aller Abschied ist Anfang
Die Pläne von Hardy Rudolf Schmitz, ehemaliger Geschäftsführer der WISTA-MANAGEMENT GMBH
Hardy Rudolf Schmitz war Projektmanager beim Beratungsunternehmen Boston Consulting, Geschäftsführender Gesellschafter in der CompuNet Computer AG und fast 14 Jahre lang Geschäftsführer der WISTA-MANAGEMENT GMBH. Jetzt geht der 65-Jährige in den Ruhestand. Oder so ähnlich …
Freuen Sie sich auf Ihren Ruhestand? Können Sie Rente?
Ob ich Rente kann, weiß ich noch nicht. Aber ich kam, bevor ich bei der WISTA anfing, in den Genuss eines Sabbaticals. Das ist mir damals sehr gut bekommen. Ich habe angefangen zu singen und mich auf einen Marathon vorbereitet.
Was werden Sie in Ihrer neu gewonnenen Freizeit tun? Haben Sie schon Pläne?
Zunächst bleibe ich mit der WISTA in Kontakt und bin beratend in einige Projekte eingebunden. Vor allem aber freue ich mich darauf, mehr Zeit mit meiner Familie verbringen zu können. Zumal sie wächst und ich bald ein drittes Enkelkind haben werde. Daneben werde ich weiter als Business Angel tätig sein und mich stärker in Start-ups einbringen, an denen ich beteiligt bin. Außerdem werde ich mich im Rahmen der Konferenz „Falling Walls Venture“ engagieren, auf der es darum geht, international den besten Start-ups aus wissenschaftlichen Einrichtungen eine Bühne zu geben.
Sie haben viel vor …
… dabei habe ich noch nicht den dicksten Brocken erwähnt: Mit „InterK(ult)uranstalten Westend“ gründet eine Bürgerinitiative, zu der ich zähle, zurzeit einen Verein zur beruflichen und interkulturellen Frühintegration von Geflüchteten. Eine Aufgabe, die mich als Vereinsvorsitzender fordern wird. Wir möchten die denkmalgeschützte und seit Jahren leerstehende alte Kuranstalt in der Eschenallee zu einem Begegnungsort für Geflüchtete, Anwohner und Künstler machen. Geplant sind unter anderem ein interkulturelles Café mit einem umfassenden ehrenamtlichen Angebot zum sprachlichen und interkulturellen Lernen, ein großer Saal für interkulturelle Veranstaltungen und eine Werkstatt, in der Neuankömmlinge gemeinsam mit Anwohnern berufliche Fertigkeiten nutzen und ausbauen können.
Vielleicht sieht Sie Ihre Familie doch nicht so oft …
… doch, das wird sie. In unserem Refugium, einer alten Dorfschule in der Uckermark, werden wir viele Tage gemeinsam verbringen.
Gibt es noch etwas Besonderes, was Sie nun endlich machen können?
Ich werde wieder im Chor singen. Nachdem ich durch Gesangsstunden in der Musikschule Adlershof meinen Tenor verbessern konnte, hoffe ich nun, dass meine Stimme zum Tragen kommt.
Sind Sie mit Ihrem Wirken in Adlershof zufrieden?
Ich hätte mir noch mehr Tempo gewünscht. Aber nichtsdestotrotz haben wir hier einen Ort mit mehr als 1.000 Hightechfirmen im Umfeld herausragender Wissenschaftseinrichtungen geschaffen, wie es ihn kein zweites Mal in Deutschland gibt und in Europa schwer zu finden ist.
Was war in dieser Zeit das aus Ihrer Sicht wichtigste Projekt?
Auch wenn ich an dieser Entscheidung nicht beteiligt war: Hier die Institute der Berliner Humboldt-Universität anzusiedeln – als Motor des Neuen und Jungen. Und, dass wir eine breite Unterstützung in Politik und Stadtgesellschaft für den Standort erreicht haben, der überall positiv wahrgenommen wird.
Womit sind Sie unzufrieden?
Dass Adlershof in Berlin immer noch als weit draußen liegendes Gallisches Dorf gilt – obwohl davon bei der hervorragenden Anbindung und dem weiten Stadtgebiet nicht die Rede sein kann. Oft weiß man in Kalifornien und Tel Aviv besser als in Spandau, was hier aufgebaut wurde. Wir hätten schon früher damit beginnen sollen, in der Mitte des Campus eine höhere Dichte zu schaffen. Die Wohngebiete werden nun dafür sorgen, dass hier ein surrender und schnurrender Rund-um-die-Uhr-Campus entsteht.
Was werden Sie besonders vermissen?
Die morgendliche Fahrt vorbei an dem Schriftzug „Adlershof. Science at work“. Der Slogan steht dafür, was aus dem Standort geworden ist, und straft jene Lügen, die das für unmöglich gehalten haben.
Gibt es einen Lieblingsort in Adlershof?
Mehrere. Oben auf dem Turm in der Rudower Chaussee 19, mit Blick über das Gelände. Dann der Aerodynamische Park mit seiner besonderen Ausstrahlung zwischen Turbinenprüfstand und Trudelturm.
Was wünschen Sie sich in Zukunft für den Standort?
Adlershof soll in den nächsten fünf Jahren international als wichtiger Taktgeber des Internets der Dinge oder der Digitalisierung gelten. Hier sollen anspruchsvolle Hard- und Software zu intelligenten Anwendungen verschmelzen und viele unternehmerische Erfolge gefeiert werden.
… und was wünschen Sie sich für sich selbst?
Dass ich noch lange die Kraft haben werde, all diese Entwicklungen aktiv oder wenigstens beobachtend zu begleiten. Wir leben in einer großartigen Stadt und spannenden Zeit mit großen Herausforderungen – von technischen Umwälzungen bis zur Integration von Flüchtlingen.
Das Interview führte Chris Löwer für Adlershof Journal