Auf Spurensuche: Bioanalytik identifiziert Stoffe
Sprengstoff in der Reisetasche? Blei in der Gummiente? Hormone im Flusswasser? Mit Fragen wie diesen kann man sich an die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) wenden. Zum Beispiel an Professor Ulrich Panne. Er leitet dort die Abteilung Chemische Analytik. „Gesellschaftspolitische Kontroversen wie die um die Sicherheit von Lebensmitteln und den öffentlichen Raum können nur dann rational geführt werden, wenn man sich auf belastbare analytische Daten stützen kann“, ist Panne überzeugt. Für den Chemiker bedeutet das: die Zusammensetzung von Stoffen sehr genau aufzuschlüsseln.
Im Bereich der Bioanalytik macht man sich dafür zum Beispiel zunutze, dass große Biomoleküle wie Enzyme oder Antikörper nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip sehr selektiv bestimmte Substanzen an sich binden. Sie können also, auch gekoppelt mit Mikrochips, als Werkzeug genutzt werden, um diese Substanzen aufzuspüren. So gelang es Forschern der BAM, sehr kleine Mengen eines Antiepileptikums in Berliner Flüssen und Seen nachzuweisen. Dazu haben sie einen neuen Test mit Antikörpern entwickelt. Der Vorteil: Weil die biologischen Sensoren klein und kostengünstig sind, können parallel viele Hundert oder Tausend Wasserproben untersucht werden.
Adlershof hat eine lange und erfolgreiche Tradition in der instrumentellen Analytik und im wissenschaftlichen Gerätebau. Der Trend: immer besser, immer schneller, immer kleiner und damit mobiler und immer individueller. „Insbesondere in den Lebens- und Materialwissenschaften ist die rasante kommerzielle Umsetzung von Ergebnissen aus der Grundlagenforschung eng verknüpft mit einer verbesserten und schnelleren Analytik“, sagt Panne. Denn die vielfältigen Funktionen und Wechselwirkungen der komplexen neuen Stoffe müssen möglichst umfassend aufgeklärt werden.
Analysen liefern qualitative Aussagen über die Art der vorhandenen Bestandteile und quantitative Angaben über ihre Konzentration und die Unsicherheit, mit der sich das feststellen lässt. Oft sind die Spuren winzig, nach denen gesucht wird. „Die Empfindlichkeit unserer Geräte reicht bis in den Bereich von einigen ppb“, sagt Dr. Dirk Rondeshagen vom IUT Institut für Umwelttechnologie. „Parts per billion“ heißt das, ein Teil unter einer Milliarde. „Das ist so, als könne man feststellen, dass sich unter einer Milliarde Chinesen ein deutscher Tourist aufhält“, erläutert Rondeshagen.
Das IUT entwickelt kundenspezifische Sensoren und Systeme zur Analyse von Gasen. Zum Beispiel für Container aus Übersee. Die sind oft mit giftigen Gasen wie Methylbromid, Blausäure oder Phosphin gefüllt, um zu verhindern, dass sich Pilze, Käfer und andere Schädlinge über den ganzen Erdball ausbreiten oder die Ware schädigen. Die Sicherheit von Arbeitern, die die Container öffnen, gewährleistet seit Neuestem das System FumiDetec. Es genügt, eine kleine Lanze mit Schlauch an der Türdichtung vorbei zu führen, um etwas über Art und Konzentration der Gase im Inneren aussagen zu können. Die eingefangenen Gasteilchen werden in dem mobilen Gerät ionisiert und durch ein elektrisches Feld beschleunigt. Sie differenzieren sich nach ihrer Laufzeit, die je nach Gasart unterschiedlich ist, und können so identifiziert werden.
von Uta Deffke