BIM macht erfinderisch
Das Unternehmen vinarIT setzt bei der Personalsuche verstärkt auf ältere Mitarbeiter
Die vinarIT GmbH integriert IT-Systeme für die Planung, Ausführung und den Betrieb von Infrastrukturprojekten. Sie braucht Mitarbeiter, die sich mit Bautechnik und IT auskennen. Doch die sind rar. Die Lage spitzt sich weiter zu, da ab 2020 jedes öffentliche Bauprojekt per Building Information Modelling (BIM) geplant werden muss. Die Adlershofer denken deshalb bereits um.
Michael Zylla hat einige Umbrüche erlebt. So ist er seit 2010 nicht mehr nur IT-Berater innerhalb der quattron group, sondern auch Gründer. „Immer mehr Kunden aus dem Verkehrsinfrastrukturbereich fragten uns nach IT-Lösungen für die Abwicklung ihrer Bauvorhaben“, berichtet er. Diese Nachfrage führte zum Entschluss, eine lösungsorientierte IT-Beratung auszugründen: die vinarIT GmbH.
Drei Jahre später folgte der Umzug nach Adlershof, wo Zylla heute mit elf hochspezialisierten IT- und Bauexperten Software für die Planung, den Bau und den Betrieb von Infrastrukturen entwickelt und betreut. Schwerpunkt ist der Eisenbahnbereich. „Es geht darum, Pläne zu erstellen, zu verwalten und effiziente Freigabeprozesse in unterschiedlichen Behörden sowie revisionssichere Dokumentationen zu gewährleisten“, erklärt Zylla. Beim Bau und im Betrieb von Gleis- und Signalanlagen sind ebenfalls IT-Tools gefragt, die Entscheidungen, Verantwortlichkeiten, Instandhaltungsmaßnahmen und deren zulassungskonforme Umsetzung dokumentieren. Es geht um Großprojekte. Derzeit begleitet vinarIT mit ihren Lösungen die Digitalisierung des Schienennetzes.
An 65.000 Weichen auf 36.000 Kilometern Strecke des deutschen Bahnnetzes werden Sensoren montiert. Die Bahnstrecke Rotterdam-Genua (Rhein-Alpen-Korridor) wird mit dem einheitlichen Zugbeeinflussungssystem ETCS (European Train Control System) ausgestattet; es gilt die höchste Sicherheitsstufe („Sicherheits-Integritätslevel 4“): Bei einer Milliarde Aktionen darf höchstens ein Fehler passieren.
Für solche Projekte bietet vinarIT eine Softwareplattform auf Basis der Technologie des US-Herstellers Microsoft an, die sie jeweils individuell an die Projektanforderungen anpasst. Das setzt spezielles Know-how voraus. „Wir suchen Mitarbeiter, die IT-Kenntnisse und Bauexpertise mitbringen“, sagt Zylla. Doch die Suche ist schwierig – und eine Zuspitzung der Lage absehbar. Denn in öffentlichen Bauprojekten hält eine neue digitale Methode Einzug, das Building Information Modelling (BIM). Im Prinzip wird für jeden Bau ein digitaler Zwilling erstellt, der den Gesamtlebenszyklus von Planung bis Abriss begleitet. Statt des heutigen Wildwuchses an Datenformaten und auf Papier veränderten Plänen halten so durchgängige digitale Datenmodelle Einzug. Jedes Gewerk fügt seine Arbeiten zunächst digital ein. Erst wenn es im Modell keine Konflikte mehr gibt, beginnt der Bau. Dabei wird das Modell weiter aktualisiert. „Laut BIM-Stufenplan des Bundes sollen ab 2020 alle öffentlichen Bauten mit BIM geplant werden“, sagt Zylla. Keine Ausschreibung ohne BIM. Ob Gemeinden, Landkreise, Landes- oder Bundesbehörden: Wer ausschreibt, braucht Fachkräfte, die diese Methode beherrschen. Doch die sind schon jetzt rar. „Die Hochschulen bilden viel zu wenige Bauinformatiker aus“, mahnt er.
Doch Firmen wie vinarIT brauchen die Fachleute sofort. Auch um die BIM-Methodik an Bauprojekte im Infrastrukturbereich anzupassen. Zyllas Team kooperiert dabei mit Partnern wie dem Gießener 5D-Institut für integrales Planen und Bauen. Nebenher läuft der Projektalltag weiter. „Wir brauchen dringend Verstärkung, um dieses Nebeneinander zu schaffen“, erklärt er. Die Hoffnung, dass Berlins Hochschulvielfalt die Suche nach jung-dynamischen Bewerbern erleichtert, geht nicht auf. Kleine und mittlere Unternehmen kommen im Wettbewerb um bezahlbare IT-Fachkräfte kaum noch mit. Um die offenen Stellen dennoch zu besetzen, musste Zylla umdenken. Er hat drei Mitarbeiter eingestellt, die dynamisch – aber nicht mehr jung sind. Alle sind über 50 und kehren nach Auszeiten in den Beruf zurück. Das Arbeitsamt fördert die intensivere Einarbeitung. Letztlich hat das Umdenken funktioniert. „Wir schaffen die Arbeit jetzt deutlich besser“, freut er sich, „und unser Kicker ist trotz des gestiegenen Altersdurchschnitts gut frequentiert“.
Von Peter Trechow für Adlershof Journal