Das Labor als zweites Zuhause
Das Max-Born-Institut sichert den Nachschub an Physiklaboranten
Wie Josefin Fuchs mit Neugier, Experimentierfreude und Akribie ihre Ausbildung zur Physiklaborantin am Adlershofer Max-Born-Institut meistert.
Josefin Fuchs liebt Physik. „Ich war schon in der 9. Klasse ein Exot“, sagt sie, denn das Fach ist bei den meisten Mädchen der Oberstufe nicht sehr beliebt. Was ist so toll an Physik? „Physik ist logisch“, so Josefins spontane Antwort. Die sympathische 27-Jährige ist angehende Physiklaborantin am Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) in Adlershof. Im September beginnt sie ihr drittes Lehrjahr. Das Labor ist quasi ihr zweites Zuhause. Wenn sie nicht in der Berufsschule ist, heißt es Schutzbrille aufsetzen, Versuche aufbauen, durchführen und auswerten. Die Ausbildungsbandbreite ist dabei enorm: Vom Chemiepraktikum über die Metallbearbeitung, ein Vakuumpraktikum, technisches Zeichnen, Laserversuchsaufbauten bis hin zur Elektrotechnik hat sie schon in den verschiedensten Bereichen hineingeschnuppert. Dabei kommt sie viel herum, denn die praktische Ausbildung findet nicht nur am MBI statt, sondern auch bei Verbundpartnern wie etwa dem Berufsbildungszentrum Chemie (bbz) oder der FMB Feinwerk- und Messtechnik GmbH. Ein Mikrocontrollerpraktikum am Helmholtz-Zentrum Berlin Wannsee sei auch noch im Plan.
„Mir macht alles Spaß, was klappt“, sagt Josefin und erklärt begeistert, wie sie zum Beispiel aus einem rechteckigen Metallklotz in zwei Tagen Arbeit den Kern einer zylindrischen Spule hergestellt hat. Eine andere Aufgabe war, herauszufinden, welche Wellenlängen in einer Spektrallampe drin sind. Das setzt viele Messreihen voraus. Regina Lendt, Ausbildungsbeauftragte am MBI, lobt Josefins Selbständigkeit und schiebt gleich hinterher, dass Geduld und Sorgfalt unabkömmlich im Laborantenberuf sind.
„Josefin ist unsere achte weibliche Auszubildende“, freut sich Lendt, die selbst gestandene Laborantin ist. Immerhin gut ein Fünftel der Beschäftigten am MBI sind Frauen, eine Wissenschaftlerin mit Leitungsaufgaben am Institut gibt es allerdings derzeit nicht. Seit 1995 bildet das MBI alle zwei Jahre zwei Physiklaboranten aus. Eigentlich sei ein Realschulabschluss Voraussetzung für die Ausbildung. Doch „in der Regel bestehen nur noch Abiturienten oder Studienabbrecher unseren Einstellungstest“, kommentiert Regina Lendt das gesunkene Lernniveau der Bewerber.
Nur Spaß am Experimentieren genüge nicht. Gefragt werde nach dem Schulstoff der 9. Klasse, hauptsächlich nach mathematischem Handwerkszeug wie Wurzeln ziehen, Potenzen und Logarithmen berechnen. Chemie sei bei fast allen ungeliebt. Ganz wichtig sind auch Englischkenntnisse, denn am MBI arbeiten Mitarbeiter aus 23 Nationen. Das Institut betreibt Grundlagenforschung und hat sich weltweit bei der Erforschung chemisch-physikalischer Prozesse mittels ultrakurzer Laserblitze einen Namen gemacht.
Auch Josefin ist Studienabbrecherin. Gerüstet mit den Abiturleistungskursen Mathematik und Physik erschien ein Physikstudium für sie eine logische Konsequenz. Nach sieben Semestern an der Technischen Universität in Berlin zog sie allerdings die Reißleine: „Das war mir alles viel zu theoretisch.“ Und dann? „Etwas mit Physik wollte ich ja auf jeden Fall machen, so viel stand für mich fest“, sagt sie. Eine Ausbildung als Physiklaborantin oder Fluggerätemechanikerin kam infrage. Die Entscheidung fiel dann für ersteres und zugunsten des MBI. Den Standort Adlershof kannte Josefin vom Vorbeifahren. Sie ist im nahen Bohnsdorf aufgewachsen. Dass sie sich am MBI wohlfühlt, merkt man ihr an.
Lendt ist optimistisch, auch in diesem Jahr wieder einen der zwei Ausbildungsplätze weiblich zu besetzen. Sie hat die Bewerber bereits in Augenschein genommen, die Abschlussgespräche laufen zurzeit. Insgesamt seien die Bewerberzahlen rückläufig. Für die Gewinnung künftigen Nachwuchses hat sich das MBI mit ein paar Schulen vernetzt.
Über die Zukunft macht sich Josefin keine Sorgen. Unmittelbar nach ihrer Ausbildung will sie noch die Zusatzqualifikation zur Physikalisch-technischen Assistentin machen und mit einem Auslandsjahr in Frankreich liebäugelt sie auch. Wenn am MBI anschließend keine Laborantenstelle frei sein sollte, sind die Chancen groß, bei einem MBI-Ausbildungsverbundpartner beruflich einzusteigen. „Unsere Azubis sind gefragt“, sagt Regina Lendt stolz und erwähnt, dass schon der ein oder andere Ausbildungspreisträger aus dem Institut kam. Außerdem gäbe es in Berlin nur noch ganz wenige Betriebe, die überhaupt Physiklaboranten ausbilden.
Von Sylvia Nitschke für Adlershof Journal