Dem Schimmel auf der Spur
Die Schnelltests von SAFIA sorgen für Lebensmittelsicherheit
Sie lauern im Verborgenen, verstecken sich im Mehl, durchziehen exotische Gewürze und schwimmen unentdeckt in süßen Säften. Die Rede ist von Mykotoxinen, den Giften, die von den verschiedenen Schimmelpilzen produziert werden. Die wachsen, wenn es feucht und warm ist, und platzieren ihre giftigen Hinterlassenschaften in den Lebensmitteln, lange bevor wir den graugrünen Pelz erahnen können.
„Mykotoxine sind alles andere als gesund. Manche sind sogar hochgiftig“, erzählt Timm Schwaar. „Übelkeit und Erbrechen gehören zu den Symptomen einer Schimmelpilzvergiftung, die auch tödlich enden kann. Deshalb sind Mykotoxine streng reguliert und müssen geprüft werden.“ Dafür gibt es heute Schnelltests, ähnlich denen, die wir noch aus Coronazeiten kennen. Das Problem dabei: Ein solcher Schnelltest ist auf ein einziges Gift getrimmt. Um mehrere zu erkennen, müssen Lebensmittelerzeuger, -verarbeiter und -händler öfter testen. Das kostet Zeit und Geld.
Schwaar will das ändern. Deshalb hat der Chemiker zusammen mit seinem Kollegen Peter Carl das Start-up SAFIA Technologies gegründet. „Wir haben ein Schnelltest-Kit entwickelt, das eine ganze Reihe verschiedener Toxine gleichzeitig erkennt“, sagt er. „Und wir können sogar die Menge jedes dieser Gifte bestimmen.“ Schwaar und Carl haben beide Chemie an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und danach an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in der Bioanalytik promoviert. Hier entstand die Idee zu ihrem Analysesystem. „Peter hat das Verfahren in seiner Dissertation entwickelt“, sagt Schwaar.
Wie auch beim Coronatest sind Antikörper das Herzstück der Technologie. Diese bildet unser Körper nicht nur gegen Bakterien oder Viren, sondern auch gegen Toxine. Gelangt ein Gift in unsere Blutbahn, findet es der passende Antikörper und bindet sich daran. Nun kann es unser Immunsystem erkennen. Nach dem gleichen Prinzip funktioniert SAFIAs Test-Kit. Verbindet sich ein Gift mit seinem Antikörper und dem SAFIA-Partikel, entsteht ein Komplex mit speziellen optischen Eigenschaften. Das machen sich die beiden Chemiker zunutze. „Nachdem die Probe in Alkohol gelöst und mit den Reagenzien unseres Tests gemischt ist, kommt sie in ein Durchflussanalysegerät“, erklärt Schwaar. „Da wird sie beleuchtet und ein Sensor fängt das rückgestrahlte Licht auf. Anhand der Fluoreszenz kann jedes einzelne Teilchen erkannt und einem Gift zugeordnet werden.“
Die meisten Antikörper werden heute von speziellen Unternehmen produziert und zum Kauf angeboten. Manche müssen aber noch gefunden werden. Deshalb hat SAFIA ein Projekt mit der BAM gestartet, um neue Antikörper zu erforschen und damit noch mehr Gifte erkennen zu können.
Dass sie sich einmal die Sicherheit von Lebensmitteln auf die Fahnen schreiben, war für die Gründer dabei keineswegs ausgemachte Sache. „Ursprünglich sollte mit dem Verfahren Abwasser analysiert werden“, erzählt Schwaar. „Doch in Klärwerken sind solche Tests keine Pflicht. Der Bedarf wäre also eher gering.“ Ganz anders sieht es da in der Lebensmittelbranche aus. Mehl, Gewürze, Trockenfrüchte, aber auch Säfte sind besonders anfällig für Schimmelpilzbefall. Der Klimawandel könnte das Problem sogar noch verschärfen. Er optimiert die Bedingungen für Schimmelpilze. Regelmäßige Tests sind in der Lebensmittelverarbeitung längst Routine. Für das junge Start-up also ein ideales Spielfeld. Aber nicht das einzige, wie sich herausgestellt hat.
„Wir wurden auch von einem Diagnostikunternehmen kontaktiert, das bei der Analyse von Urinproben mit unseren Test-Kits experimentiert hat“, sagt Schwaar. „Das ist vor allem deshalb interessant, weil sich Mykotoxine im Körper bisher kaum nachweisen ließen.“ Die Experimente waren dabei so erfolgreich, dass die Test-Kits jetzt zum Standardrepertoire gehören. Nun hat SAFIA auch den Medtech-Bereich ins Visier genommen.
Kai Dürfeld für Adlershof Journal
Schnelle und einfache Multiplex-Methode für Ihr Labor · SAFIA