Der Internetrevolutionär
Borsu Asisi baut an einem neuen Fundament der digitalen Kommunikation
Irgendwann kommt die Zeit zum Abdanken. Für jede Technologie. Die Dampfmaschine wurde durch den Verbrennungsmotor abgelöst. Das Luftschiff durch das Flugzeug. Der Propeller durch den Düsenantrieb. Für Borsu Asisi ist das die Quintessenz aus den letzten 200 Jahren Technikgeschichte, aus der sich eine Frage zwingend ergebe: „Wie ist das mit dem Internet? Wann ist hier das Potenzial ausgeschöpft? Meine Antwort ist: Jetzt. Heute. Gestern eigentlich schon.“
Im vierten Geschoss des Innovations- und Gründerzentrums (IGZ), wo er mit seiner Firma Asibo im Februar drei Räume bezogen hat, arbeitet Asisi an einer Vision des Künftigen. Er will, wie er sagt, „das Internet ersetzen.“ Durch ein System, in dem sich der Nutzer gefahrlos bewegen kann. Ohne Sorge vor Hackerangriffen, ohne Angst vor Ausspähung der eigenen Privatsphäre, ohne das Gefühl, von der Datenflut überwältigt zu werden. Ein zu hundert Prozent sicheres und nutzerfreundliches Netz. Aber: Geht das überhaupt?
Mit einer solchen Frage kann der vor 67 Jahren in Teheran geborene und in der DDR aufgewachsene Asisi nicht viel anfangen. Dass es irgendetwas in der Welt der Technik geben soll, was sich unter keinen Umständen machen lässt: „Ist das ein Naturgesetz?“ Dass sich nichts im Universum schneller bewegen kann als mit Lichtgeschwindigkeit, das allenfalls ist Asisi bereit, als unabänderlich zu „akzeptieren“. Mehr aber nicht.
Seine Kritik an der Realität des Internets ist unnachsichtig. War die Sache nicht einmal dazu gedacht, ein dezentral organisiertes System der Informationsvernetzung zu schaffen? Was ist daraus geworden? „Noch nie in der Weltgeschichte gab es so mächtige Monopole wie im Internet. Noch nie eine so totale Überwachung.“ Abhilfe, davon ist Asisi überzeugt, lässt sich nicht durch die eine oder andere Verbesserung an der einen oder anderen Stelle schaffen: „Ich möchte das gesamte Fundament auswechseln.“
Die Idee lebt seit zwei Jahrzehnten in seinem Kopf. Von den Internetgiganten, denen das Netz, wie es heute sei, viel zu satte Profite beschere, sei Hilfe nicht zu erwarten. In einem früheren Leben hatte Asisi als Lieferant von Ausrüstungsgütern für Industrieanlagen in die Sowjetunion und den Nahen Osten ein Vermögen erworben. Ein „datenintensives Geschäft“, wie er sagt. Das Problem des perfekten Informationsmanagements trieb ihn schon damals um. Nach zwanzig Jahren begann er in den USA ein neues Leben, um an seinem Projekt zu arbeiten, einem „Automatischen System für Informationsbearbeitung und -organisation“ – kurz: „Asibo“.
Ein Jahrzehnt lang habe er „rund um die Uhr“ daran gearbeitet, sich derweil vor zwei Jahren zur Rückkehr nach Deutschland entschlossen: „Jetzt bin ich praktisch fertig.“ Anfang 2019 will er mit seiner Entwicklung an die Öffentlichkeit gehen. Dass sich auch diesmal die überlegene Technik durchsetzt, darum ist ihm nicht bang: „Wenn Sie noch fünf Jahre leben, werden Sie das benutzen.“
Von Dr. Winfried Dolderer für Adlershof Journal