Der Klavierstimmer für Mikrowellentechnik
Spin-off Phasor Instruments sucht die beste Frequenz
Ohne Mikrowellentechnik ist modernes Leben undenkbar. Ob Mobiltelefonie, Unterhaltungselektronik oder Navigationsgeräte im Auto – eine wesentliche Grundlage sind elektromagnetische Wellen mit extrem kurzer Wellenlänge beziehungsweise hoher Frequenz. „Entscheidend ist dabei, dass die betreffenden Bauteile und Schaltkreise optimal an die jeweiligen Frequenzen angepasst sind, um gute Leistungen zu erzielen“, sagt Silvio Kühn, der mit seiner Firma Phasor Instruments entsprechende Messgeräte dafür entwickelt und konstruiert.
Im Prinzip arbeiten seine Messgeräte wie ein Klavierstimmer – aber nicht mit Schwingungen im hörbaren Bereich von wenigen tausend Hertz, sondern in der Hochfrequenzliga bis drei Gigahertz. „Das Gerät gibt elektromagnetische Schwingungen mit klar definierten Frequenzen aus“, erläutert Kühn. In vorgegebenen Abständen, so als schlüge man nacheinander die Tasten eines Klaviers an. „Zugleich misst es, wie groß jeweils der Widerstand in dem Schaltkreis ist, und findet so den Frequenzbereich, in dem die elektronischen Bauteile am besten arbeiten.“
Keine voreingestellten Frequenzsprünge
Das Besondere an Kühns Gerät ist, dass es nicht auf voreingestellte Frequenzsprünge festgelegt ist, die unbeirrt abgeschritten werden. „Es kommt oft vor, dass sich die Schaltkreise während des Betriebs erwärmen und sich damit auch die ‚ideale Frequenz‘ ändert“, erläutert er. Eine spezielle Software ermöglicht es, darauf zu reagieren und gewissermaßen den Raum zwischen den Tasten zu nutzen. Der Entwickler setzt dafür auf eine Open-Source-Programmierung, damit seine Kunden ihre Geräte immer wieder an ihre Bedürfnisse anpassen können. Zu den Kunden von Phasor Instruments würden unter anderem Forschungsinstitute gehören, die mit den Geräten die Plasmaanregung in der Halbleiterfertigung verbessern wollen, berichtet Kühn.
Die Idee für die Firmengründung kam dem 33-Jährigen während der Promotion am Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH). Dort hatte er nach einem Studium der Technischen Informatik an der TU Berlin begonnen, selbst Messgeräte für Mikrowellentechnik zu bauen, weil es diese nicht gab. „Ich war verwundert, wie einfach das ging“, sagt er und untertreibt dabei natürlich etwas. In seinen Messgeräten können durchaus mehrere Hundert Bauelemente enthalten sein, die zusammen funktionieren müssen. Die Prototypen baut Kühn nach wie vor selbst: Zuerst der Entwurf der Schaltpläne am Computer, dann das Verlöten der Mikrokontroller, Widerstände, LEDs und Kondensatoren auf speziellen Leiterplatten und die ersten Betriebstests.
Ein-Mann-Unternehmen
Wenn größere Stückzahlen gefragt sind, lässt er die Geräte nach seinen Vorgaben bei spezialisierten Adlershofer Firmen fertigen. „Das wäre für mich als Ein-Mann-Unternehmen zu aufwendig“, sagt Kühn. Er nutzt die Zeit lieber, um neue Ideen zu entwickeln. Anfangs sei er skeptisch gewesen, ob die Selbstständigkeit das Richtige für ihn sei, erzählt er. Mit Unterstützung des Exist-Gründerprogramms und des FBHs hat er es gewagt – und nicht bereut. „Die Arbeit macht mir großen Spaß“, sagt er.
Noch arbeitet Kühn im Home-Office oder am FBH. Langfristig soll die Firma aber wachsen, eigene Räume beziehen und weitere Mitarbeiter beschäftigen. Gern auch Auszubildende.
Von Ralf Nestler für Adlershof Journal