Die Gebäudefachfrau
Jennifer Grabsch betreut Immobilien in Adlershof
Die erstaunten Blicke, die irritierten Nachfragen, sie kennt das aus ihrer Zeit an der Hochschule: „Man musste immer wieder rechtfertigen, was man studiert.“ Facility Management – nur ein anderes, ein etwas netteres Wort für einen Hausmeisterjob?
Wer Jennifer Grabsch über die Anforderungen ihres Berufsalltags reden hört, wird einen solchen Verdacht schnell los. Gefragt ist kaufmännischer ebenso wie technischer und naturwissenschaftlicher Sachverstand. Kenntnisse in Bau- und Vergaberecht sind von Nutzen. Die Fähigkeit, Kalkulationen und Angebote beauftragter Drittfirmen zu bewerten, ist unerlässlich. In den vergangenen drei Jahren an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin-Schöneweide hat die gebürtige Kaulsdorferin physikalischen, chemischen, mathematischen Lernstoff gebüffelt und nebenbei Erfahrungen gesammelt mit unterschiedlichen Aspekten der Gebäudebewirtschaftung.
Sie hat Schichtdienst geschoben bei einer Firma, die Aufzüge und Rolltreppen – eigentlich heißen sie „Fahrtreppen“ – in Wohn- und Geschäftshäusern wartet, auch ab und zu Eingeschlossene aus dem Lift gerettet. Sie war in einem Planungsbüro für technische Gebäudeausrüstung beschäftigt, lernte in einem anderen Unternehmen die Feinheiten des Baumanagements kennen von der Ausschreibung bis zur Abnahme. Sie kann mittlerweile vergleichen. Seit August 2017 arbeitet sie als Werkstudentin bei der AFM Adlershof Facility Management GmbH, die zahlreiche Immobilien am Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort betreut. So ein Technologiepark sei eine Herausforderung, meint sie. Sie weiß das zu schätzen: „Laborbereiche sind extrem interessant.“
Es ist die zweite Karriere der heute 30-Jährigen, die nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten absolviert hatte, sich nach fünf Jahren als Sachbearbeiterin und Assistentin eines Firmenjustiziars indes in einer beruflichen Sackgasse sah: „Ich hatte da keine Möglichkeit, mich zu verbessern.“ So rang sie sich dazu durch, die Festanstellung aufzugeben: „Ich wusste, dass meine Stärken im Organisieren und Koordinieren liegen.“ So viel zur Studienwahl.
Wie viele Frauen sind unter den mittlerweile 83 AFM-Beschäftigten? „Ich bin im technischen Bereich die einzige.“ In Adlershof, das ein Kollege ihr mit dem Hinweis, er sei „sehr zufrieden hier“, empfohlen hatte, fand die Werkstudentin auch den Stoff für ihre Bachelorarbeit. Thema: „Optimierungsmöglichkeiten beim Betreiben von Laborgebäuden“. Ein 100-Seiten-Werk, verfasst in gut zwei Monaten: „Ich habe viele Wochenenden auch hier verbracht.“
Da kam etwa die Leidenschaft für den Fußball notgedrungen zu kurz. Grabsch ist Mitglied und Dauerkarteninhaberin des 1. FC Union, spielt als eine von drei Frauen in der Mannschaft ihres Fanclubs. Nicht mehr als eine schöne Erinnerung war bis auf Weiteres auch der fernöstliche Kampfsport Tae Bo. Bleibt der Schrebergarten in Köpenick. Da beginnt ja demnächst die Frühjahrsbestellung.
Von Winfried Dolderer für Adlershof Journal