Die Photonenjäger
Auch kleinste Lichtmengen bleiben für sie nicht im Dunklen
Die Adlershofer Arbeitsgruppe Photobiophysik der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) erforscht den Nachweis kleinster Lichtmengen. Die entwickelten Techniken lassen sich vielseitig einsetzen, etwa in Medizin oder Photovoltaik.
Licht steht im Zentrum von Beate Röders Forschung. Speziell die Frage, wie es auf lebende Systeme wirkt. Die Antwort ist für die HU-Physikprofessorin nicht nur von akademischem Interesse. So wichtig sie die Grundlagenforschung einschätzt, am Ende möchte Röder die gewonnenen Erkenntnisse auch angewandt wissen.
Photodynamische Therapie
Dass dies möglich ist, zeigt ein Besuch bei der AG Photobiophysik im Adlershofer Physikgebäude. In den Labors sind Messstände zu sehen, mit denen minimale Mengen von Singulett-Sauerstoff nachgewiesen werden können. Dieser wirkt auf biologische Systeme besonders aggressiv. „Das macht man sich in der Photodynamischen Therapie zu nutze“, sagt Röder. Sie nennt die Behandlung von Krebs, von Hauterkrankungen wie der Schuppenflechte oder von Augenleiden wie der Makula-Degeneration. Unter Lichtzufuhr entstehen die energiereichen Sauerstoffmoleküle, die für die Behandlung notwendig sind. Für die Absorption des Lichts sorgt ein spezieller Farbstoff, ein Photosensibilisator, der die Energie an molekularen Sauerstoff weitergibt. Der gebildete Singulett-Sauerstoff führt dann – so Röder – „direkt oder indirekt den Tod etwa von Tumorzellen herbei“. Zur Kontrolle und Optimierung der Therapie ist es notwendig, den entstandenen Sauerstoff nachzuweisen und seinen Werdegang direkt in den Zellen zu verfolgen. Dazu wird seine Lumineszenz gemessen.
Diese Aufgabe ist sehr anspruchsvoll, denn die Lichtausbeute ist minimal. „Bei Einstrahlung von einer Million Photonen bekommt man etwa eines bis zehn Lichtquanten zurück“, sagt Röder. Zudem beträgt die Lebensdauer in Zellen nur etwas mehr als eine millionstel Sekunde.
Garaus für Antibiotika resistente Bakterien
Die Adlershofer Forscher sind mit ihren Messungen „in vitro“, also in der Retorte, Weltspitze. Zufrieden sind sie dennoch nicht: „Wir arbeiten daran, die Empfindlichkeit weiter zu verbessern.“ Die apparative Ausstattung der Arbeitsgruppe ist entsprechend aufwendig. Zur Arbeitsgruppe gehören derzeit drei promovierte Wissenschaftler, fünf Doktoranden und 15 Studierende. Der Andrang erstaunt nicht, sind doch die Berufsaussichten sehr gut. Erfolgreiche Anwendungen des photodynamischen Effektes gibt es nicht nur in der Krebstherapie. So kann er genutzt werden, um verschiedene Mikroorganismen zu bekämpfen, etwa Bakterien, die gegen Antibiotika resistent sind.
Und auch in der Photovoltaikbranche ist das messtechnische Know-how zum Nachweis kleinster Lichtmengen weltweit gefragt. Die Forscher aus Adlershof können Solarzellen mit optischen Methoden berührungsfrei diagnostizieren. Wenn die Polymere, die die verschiedenen Schichten voneinander trennen, altern und deshalb spröde werden, kann die Funktion der Solarzelle beeinträchtigt werden. Bei der Alterung entstehen Produkte, die nach Anregung per Laser mit UV-Licht fluoreszieren. Das erhaltene Spektrum lässt auf den Zustand der Polymere schließen. So sind Aussagen zur restlichen Lebensdauer und Leistungsfähigkeit der Solarzelle möglich.
von Paul Janositz
Link: www.physik.hu-berlin.de