Die Stadt der Zukunft
Vor welchen Herausforderungen stehen die Metropolen?
Die Welt verstädtert, was uns vor neue Herausforderungen stellt. Wie werden wir in Megacitys von morgen wohnen und arbeiten? Wie wird es gelingen, mehr saubere Energie zu gewinnen und zu verteilen? Wissenschaftler und Unternehmer suchen nach Antworten auf Fragen, vor die uns die Metropolen stellen.
Zum ersten Mal in der Geschichte lebt etwa die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Und der Treck Richtung Metropolen wird nicht abreißen. In Deutschland werden Ballungszentren wie Berlin, München, Frankfurt und Hamburg weiterwachsen – und damit die Herausforderungen, wie anschwellende Verkehrs- und Menschenströme bewältigt werden, ohne dabei der Umwelt noch mehr zu schaden. „Städte übernehmen aufgrund ihrer Dichte eine Vorreiterrolle für künftige Entwicklungen“, sagt Achim Prossek, Stadt- und Regionalforscher am Geographischen Institut der Berliner Humboldt-Universität. Hier werden Antworten auf die zentralen Fragen der Zukunft gefunden: Wie den demographischen Wandel meistern? Wie eine nachhaltige Energieversorgung gewährleisten? Wie smart wohnen und sich intelligent fortbewegen?
„Schutzzonen vor schnellem Leben“
Und wie mit dem zunehmenden Stress umgehen? Auch diese Frage treibt Prossek um: „Das städtische Leben beschleunigt sich, wir erledigen Dinge rund um die Uhr, Geschäfte öffnen länger, selbst das Wochenende bietet kaum Entspannung. Hinzu kommen Lärm und Licht“, zählt Prossek auf. Das heimische Sofa ist zwar ein Rückzugsort, doch auch die Stadt muss solche bieten. Als „Schutzzonen vor schnellem Leben“ seien mehr Parks, öffentliche Ruheorte oder andere urbane Rückzugsräume denkbar, die eben nicht lichtdurchflutet und lärmend sind. Prossek: „Planer sollten dabei helfen, die Gesellschaft aus ihrem Erschöpfungszustand herauszuholen.“
Neue Logistikkonzepte
Zumal die immer älter wird, was neue Anforderungen an barrierefreies Wohnen, intelligente Hilfsassistenten zu Hause und die Mobilität stellt. „Ältere Menschen werden nicht mehr selbst Auto fahren, sondern brauchen eine gute öffentliche Verkehrsinfrastruktur“, sagt der Wissenschaftler. Ein Teil davon wird autonom fahren, E-Busse und E-Autos werden über Induktion den Strom beim Fahren aus der Straße laden. „Solche Lösungen haben wegen der Verkehrsdichte vor allem in Städten Sinn“, unterstreicht Prossek. Ohnehin sind künftig neue Logistikkonzepte gefragt, wie sie die Logiball GmbH entwickelt: Das Spin-off des Fraunhofer-Institutes für Materialfluss und Logistik IML ermöglicht intelligentes Routing, so dass Touren im dichter werdenden Verkehr optimal geplant werden können. Denn gerade der städtische Verteilerverkehr wird im Takt des Onlineshoppings wachsen.
Intelligente Energiespeicher
Doch Mobilität muss möglichst emissionsarm vonstattengehen. Denn die Klimaerwärmung setzt schon jetzt Städten besonders zu: Zwischen Potsdam und der Innenstadt Berlins beträgt an heißen Tagen der Temperaturunterschied bis zu 4 °C. „Wir müssen durch begrünte Dächer, Freiflächen und schattenspendende Höfe gegensteuern“, sagt Prossek. Immer mehr energiefressende Klimaanlagen zu installieren, wie das in vielen Megacitys der Welt geschieht, ist keine nachhaltige Lösung.
An solchen arbeitet die Younicos AG, ein Spezialist für intelligente Energiespeicher. Im weltweit einzigartigen Technologiezentrum der Adlershofer Firma kann anhand echter Stromflüsse die Versorgung jedes Gebietes auf der Welt mit bis zu 100 Prozent sauberer Energie simuliert werden, erklärt Sprecher Philip Hiersemenzel. Younicos entwickelt intelligente Batterien, die überschüssigen Strom aus Wind- und Sonnenkraft als Puffer zwischenspeichern können und die die Netze stabilisieren. Schon jetzt ermöglichen die Akkus einen größeren Anteil regenerativer Energien im deutschen Stromnetz, denn darin liegt die Zukunft: „Städte werden zunehmend dezentral und erneuerbar mit Energie versorgt werden“, sagt Hiersemenzel. Wegen des mangelnden Platzes werden sich Städte der Zukunft jedoch nicht zu 100% selbstversorgen und große Windräder stehen auch künftig sinnvollerweise auf dem Land. Daher werde der Anteil an Photovolatik deutlich ansteigen, „während große, thermische Kraftwerke zunehmend abgeschaltet werden können und auch müssen“, sagt Hiersemenzel.
Strom wird in der total vernetzten Zukunftsstadt ein noch bedeutenderes Lebenselixier als heute sein. Darin liegt ein hohes Risiko, sagt Prossek: „Von der Ampelschaltung über den Geldautomat bis zur Wasserversorgung ist zunehmend alles internetbasiert. Allein ein massiver Stromausfall genügt, um das öffentliche Leben in ein Chaos zu stürzen – eine Gefahr, die verdrängt wird.“
Von Chris Löwer für Adlershof Journal