Die Wassersportlerin
Sophie Paul forscht am FBH und trainiert den Rudernachwuchs
„Am Wasser ist es schöner als auf dem Land“: Man könnte diesen Satz, mit dem Sophie Paul erklärt, warum es sie von Bohnsdorf, dem Ort ihrer Kindheit und Jugend, ins nahe Köpenick gezogen hat, durchaus auch für ihre Lebensmaxime halten. Für das Leitmotiv des amphibischen Daseins, dem sich die demnächst 30-jährige Elektrotechnikerin verschrieben hat.
Ihre Werktage verbringt sie derzeit in der Gustav-Kirchhoff-Straße, wo die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Ferdinand-Braun-Instituts, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) an Konzepten für eine leistungsfähigere und zugleich weniger Strom verbrauchende Satellitenkommunikation forscht. In der Freizeit ist sie regelmäßig auf den Gewässern rund um Köpenick unterwegs. Seit fünf Jahren trainiert sie hier den Nachwuchs des Rudervereins „Energie Berlin“, viermal in der Woche. „Morgens auf dem Müggelsee ist es am schönsten“, sagt sie in Erinnerung an zahllose eigene Trainingsstunden.
Die Entscheidung für die Elektrotechnik war das Produkt eines Informationstages an der Technischen Universität Berlin nach dem Abitur. Zum prägenden Erlebnis wurde die Besichtigung des Lichttechniklabors: „Da erst wurde mir bewusst, was in unserem Leben elektrisch funktioniert – fast alles, was wir im Alltag benutzen.“
Gleichwohl, glücklich geworden wäre die für Mathematik, Physik, Informatik begeisterte Gymnasiastin wohl auch mit einer anderen Berufswahl. Meteorologie, Geographie, Stadt- und Raumplanung: „Ich hätte mich für so viele Sachen motivieren können.“
Am FBH, wo sie seit März 2016 tätig ist, befasst sich die Jungwissenschaftlerin in einer Dissertation mit der Frage, wie sich Satellitensignale verstärken lassen. Informationen aus dem Weltall zur Erde zu befördern, ist zwar seit langem kein grundsätzliches Problem mehr, indes: „Es gibt immer mehr Datenvolumen. Und wir wollen den Energieverbrauch verringern.“ Adlershof ist einer von zwei Standorten in Deutschland, wo solche Forschung außeruniversitär betrieben wird.
Anders als die Elektrotechnik war die Entscheidung fürs Rudern, die ihr fast zehn Jahre in der deutschen Nationalmannschaft und einen Weltmeistertitel bescherte, Sophie Paul in die Wiege gelegt. Die Großmutter mütterlicherseits aus Halle war DDR-Meisterin im Rudern gewesen. Die Großeltern väterlicherseits hatten sich im Köpenicker Ruderverein „Energie“ kennengelernt. Da war für Sophie und ihren Bruder, als sie mit elf oder zwölf „das ruderfähige Alter“, wie sie sich ausdrückt, erreichten, der Weg vorgezeichnet: „Vorher hatte ich gar nicht so viel Sport gemacht. Aber dann war ich recht schnell begeistert.“
Die Begeisterung reichte immerhin für eine Karriere als Leistungssportlerin, die sie zu Wettbewerben rund um die Welt führte. Nach Portugal, Polen, Slowenien, Athen, ins russische Kasan. Der weiteste Ruderausflug brachte sie 2010 bis nach Neuseeland. Den größten Erfolg ihrer Laufbahn hingegen errang Sophie Paul in fast heimischen Gewässern. Bei der U23-Weltmeisterschaft 2008 in Brandenburg an der Havel gewann sie im Doppelzweier mit Tina Manker die Goldmedaille.
Als Trainerin betreut sie jetzt rund zwei Dutzend Kinder und Jugendliche. Hat Freude daran, sie sportlich heranwachsen zu sehen. Manche sind ähnlich ambitioniert wie sie es damals war. Doch Leistungsdenken ist in ihrem Köpenicker Verein nicht der höchste Wert: „Für uns ist wichtig, dass sie überhaupt Sport treiben und nicht zu Hause vor dem Computer herumhängen“, sagt die Trainerin.
Von Winfried Dolderer für Adlershof Journal