Drahtlose Frühwarnung vor dem Infarkt
Futuristische Technik für schnelle Diagnosen
Mit hochfrequenten Radiowellen und einer schlauen Analysesoftware hat die Firma Noninvasive Medical Technologies (NMT) moderne Diagnosegeräte entwickelt. Das deutsch-amerikanische Joint Venture eröffnet nun ein Büro in Adlershof.
Dr. „Pille“ McCoy brauchte nur den Tricorder: Mit dem rätselhaft piependen Gerät fuhr der Arzt des Raumschiffs Enterprise aus der legendären TV-Serie über den Körper des Patienten – und schon wusste er, wo der Schuh drückte. Das war reine Science Fiction – und ist doch längst Wirklichkeit: Das in der US-Spielermetropole Las Vegas angesiedelte Unternehmen NMT hat in den vergangenen zehn Jahren mehr als zehn Millionen Dollar in seine nicht das Gewebe verletzende Diagnosetechnik investiert. Mit den zum Teil schon patentierten Verfahren können herzkranke Patienten überwacht und ältere Menschen oder Extremsportler vor drohendem Flüssigkeitsverlust im Körper gewarnt werden. Auch bei Rettungs- oder Kriegseinsätzen lassen sich Verletzte ohne das oft zeitraubende Anlegen von Elektroden schnell untersuchen.
Radio Frequency Impedance Interrogation – frei übersetzt „hochfrequente Widerstandsanalyse" oder verkürzt RFII nennt NMT das Verfahren, mit dem die Firma künftig auch in Deutschland kommerziell erfolgreich sein will. „Unsere Geräte senden ein elektromagnetisches Feld aus, das zehn Mal höherfrequent ist als Radiowellen”, sagt Nils Rundström, Geschäftsführer der deutschen Zweigstelle des Medizintechnikherstellers.
Eine scheckkartengroße Karte mit kleiner Antenne am Körper des Patienten misst die Widerstände im Gewebe oder während der Herzpumpbewegung. Ein speziell entwickelter Algorithmus vergleicht die Werte. Stimmt etwas nicht, wird Alarm geschlagen, entweder am Heimcomputer des behandelnden Arztes oder auf dem Handcomputer eines Sanitäters. „Unsere Versuche haben ergeben, dass die Daten fast so präzise sind wie bei einem Elektrokardiogramm, wo man auf Elektroden nicht verzichten kann”, sagt Rundström.
Die RFII-Technik hat NMT für verschiedene Gerätetypen verfeinert, in der Heimat arbeitet die Firma seit fünf Jahren auch mit der US-Armee zusammen. Seinen Marktwert schätzt das Unternehmen weltweit auf einen zweistelligen Milliardenbetrag. „In Deutschland wollen wir uns erst einmal auf die mobilen Kleingeräte und den zivilen Bereich konzentrieren”, sagt Rundström, der früher als Biophysiker am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main mit Medizinern zusammenarbeitete.
Ab Januar will Rundström mit zunächst fünf bis sechs Mitarbeitern „an der Verbesserung unserer Analysesoftware arbeiten. Da ist die Nähe zu den vielen wissenschaftlichen Instituten in Adlershof, zur Charité und dem Deutschen Herzzentrum in Berlin natürlich ideal”, sagt er. Langfristig kann sich Rundström vorstellen, dass die NMT-Geräte auch in Adlershof gebaut werden. Bis zu 20 Mitarbeiter könnten dann hier arbeiten, „aber diese Pläne sind noch sehr vage”.
Der Börsengang ist für das nächste Jahr geplant. Zunächst einmal wird der Jungmanager in den nächsten Monaten viel Zeit auf Mediziner-Konferenzen verbringen, um den deutschen Doktoren die futuristische Technik zu zeigen. Er ist optimistisch: „An der Charité waren einige Mediziner schon sehr interessiert.”
Von Claudia Wessling für Adlershof Journal