Expertise von der anderen Straßenseite
Wie Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Adlershof kooperieren
Andreas Voigt ist gewissermaßen ein Verpackungskünstler. Er und seine Kollegen beim Adlershofer Unternehmen TheraKine BioDelivery betten winzige Proteine, die als medizinische Wirkstoffe dienen, in eine kleine Kugel ein, in der sie in den Körper geschleust werden. Dort sollen sie erst an bestimmten Orten ihre Wirkung entfalten. Das Material der Kugel, die die Forscher auch als Matrix bezeichnen, dient zum einen dazu, die Proteine zu schützen. Zum anderen ist sie so designt, dass die Wirkstoffe am Zielort erst nach und nach freigesetzt werden.
Damit das so kontrolliert wie möglich passiert, müssen die Forscher nicht nur die Eigenschaften der Matrix, sondern auch die Menge und Verteilung der Partikel in ihr sehr genau einstellen können. „Für die Zulassung im medizinischen und pharmazeutischen Bereich ist es wichtig, alles sehr genau zu dokumentieren und nachzuweisen, dass man in der Lage ist, die beschriebenen Eigenschaften reproduzierbar herzustellen“, erläutert Voigt. Deshalb hat er Experten von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung BAM hinzugezogen. Mit ihren optischen Messverfahren, der sogenannten Raman-Mikroskopie, ist das Team um Michael Maiwald vom Fachbereich Prozessanalytik in der Lage, die Verteilung der Proteine in der Matrix sehr genau zu bestimmen. Das haben die Experimente gezeigt. Mit Laserlicht werden die Proteine angeregt, selbst charakteristisches Licht auszusenden, das beim Abrastern der Probe analysiert und als räumliches Bild dargestellt werden kann.
„Die Messungen schaden den Wirkstoffen nicht. Sie eignen sich auch für eine Qualitätskontrolle in der Fertigung“, resümiert Voigt. „Im Detail haben uns die Ergebnisse in unserer Arbeit bestätigt.“ Voigt und Maiwald hoffen, den bisher eher informellen Charakter ihrer Zusammenarbeit zukünftig weiter intensivieren zu können: „Das Tolle in Adlershof ist, dass wir uns hier quasi über die Straße hinweg unterstützen können“, sagt Maiwald.
Auch Ute Resch-Genger, die bei der BAM den Fachbereich Biophotonik leitet, arbeitet eng mit kleinen und mittleren Unternehmen zusammen. Insbesondere mit Herstellern von optischen Messgeräten wie Fluoreszenz-Spektrometern. Sie leistet mit ihrem Team nicht nur einen Beitrag dazu, diese Techniken immer weiter zu entwickeln.
„Eine wichtige Aufgabe ist auch die Standardisierung, gerade für die medizinisch-pharmazeutischen Anwendungen“, sagt die Forscherin. Beispielsweise für die sogenannte Micro-Array-Technologie. Hierbei werden auf einem Biochip hunderte winziger Testfelder mit biologischen Sondenmolekülen wie DNA-Fragmenten bestückt. So können gleichzeitig sehr viele Proben mit Floureszenzmethoden untersucht werden. Deren Fluoreszenzsignale werden dann ausgelesen – beispielsweise zum schnellen Nachweis von krebserregenden Papillomaviren des Gebärmutterhalses.
Um den Einfluss der Messgeräte selbst – etwa durch unterschiedliche optische Komponenten bei verschiedenen Herstellern – zu minimieren, haben die BAM-Forscher gemeinsam mit den Firmen PolyAn und Greiner Bio-One einen Kalibrier-Chip entwickelt. Verlässliche Referenzen sind auch wichtig zur Charakterisierung neuer Fluoreszenzstoffe. Deren Effizienz soll möglichst hoch sein, damit sie bei wenig Lichteinfall viel Licht aussenden. Dafür entwickeln Resch-Genger und ihre Kollegen Referenzmaterialien und absolute Messverfahren, mit denen transparente und streuende Materialien untersucht werden können.
Von Uta Deffke für Adlershof Special