Flotte Nährstoffnachweise
Lebensmittelanalytiker erobern Adlershof
Etage um Etage eroberte die 2004 gegründete ifp Institut für Produktqualität GmbH ihren bisherigen Standort in Steglitz. Nun stößt ihr Wachstum dort an Grenzen. Die innovativen Lebensmittelanalytiker setzen nach Adlershof über. Ein Teil der über 90 Mitarbeiter wird künftig im Zentrum für Biotechnologie und Umwelt II Lebensmittel auf ihre Nährwerte und etwaige Pestizidrückstände hin untersuchen.
Noch Mitte letzten Jahrzehnts war der Nachweis wasserlöslicher B-Vitamine in Lebensmitteln eine aufwendige Sache. Zwar gab es standardisierte mikrobiologische Verfahren. Doch dabei mussten Laboranten stets aufs Neue Bakterien züchten und Nährlösungen ansetzen. Zwei Wochen dauerte das Ganze.
Dann kam Wolfgang Weber. Der promovierte Lebensmittelchemiker orientierte sich am Vorbild der Natur, wo Bakterien Trockenzeiten quasi im Stand-by-Modus überstehen, und legte seinerseits die Nachweis-Bakterien für wasserlösliche Vitamine trocken. Der Kunstgriff verkürzte den quantitativen Vitaminnachweis auf ein bis zwei Tage.
Webers Trockenbakterien auf Mikrotiterplatte gehen heute in gebrauchsfertigen Sets zusammen mit Nährmedien und Referenzlösungen in alle Welt. Einmal zum Leben erweckt, stürzen sie sich auf etwaige Vitamine in Lebensmittelproben, vermehren sich fleißig und trüben so die Proben ein. Am Grad der Trübung lässt sich mit optischen Verfahren der exakte Vitamingehalt ableiten. VitaFast nennt sich dieser flotte Vitaminnachweis, der den Wissenschaftler zum erfolgreichen Unternehmer machte. 2004 gründete er mit einer Handvoll Mitstreitern seine ifp Institut für Produktqualität GmbH. Fünf Jahre später hatte er 30 Beschäftigte und heute sorgen über 90 meist weibliche Mitarbeiter für Betrieb in den weitläufigen Labors am Steglitzer Firmensitz. Einst wurden hier die ersten Volksempfänger zusammengelötet. Heute haben die Lebensmittelanalytiker schon drei Etagen geentert – und stoßen nun an Grenzen. Zumal der Denkmalschutz bei jeder Baumaßnahme mitredet.
Das engt ein. Weber will mit dem ifp um 30 Prozent jährlich wachsen und eröffnet darum schon jetzt einen Zweitstandort im Adlershofer Zentrum für Biotechnologie und Umwelt II. „Wir hoffen hier auf weitere Vernetzung“, erklärt er die Standortwahl. Daneben sei die Nähe zum neuen Großflughafen wichtig. Denn als zweites Standbein neben der Produktentwicklung und Produktion erledigt das ifp Analysedienstleistungen für Lebensmittelhersteller, Gastronomen und Pharmaunternehmen im In- und Ausland. Dabei gehen zehntausende Proben jährlich ein; gerade im Ernstfall, wenn sich darin Bakterien oder Gifte finden, ist Eile geboten. Wohl dem, der da einen internationalen Logistik- Hub in der Nachbarschaft hat.
In Adlershof werden die Steglitzer zunächst zwei Dienstleistungsabteilungen aufbauen. Zum einen werden sie hier Nährwertanalysen durchführen. Ein wachsender Markt, weil Lebensmittelhersteller künftig jedes Produkt mit Nährwerttabellen versehen müssen. Zum anderen wird das ifp für seine Kunden nach Pestizidrückständen fahnden. Zwei von vielen Standbeinen. Ganz gleich, ob es um quantitative Nachweise von Allergenen oder gentechnisch veränderten Organismen geht, um das Aufspüren von Verderbniserregern, Salmonellen, Mykotoxinen oder radioaktiven Substanzen, um die molekularbiologische Bestimmung der Herkunft von Fleisch, keimfreie Pharmazeutika oder die Kontrolle von Vitaminzusätzen – Webers Team hat das Know-how und die nötigen Laborgeräte.
Längst haben sich zudem weitere Produkte zu den flinken Vitamintests gesellt. Das ifp legt neben Bakterien auch Antikörper und DNA-Bausteine aufs Trockendock, mit denen Labors in aller Welt im Handumdrehen Krankheitserreger oder Allergie auslösende Substanzen nachweisen können. „Bei unserer Produktentwicklung hilft es immens, dass wir Analysedienstleistungen anbieten“, erklärt Weber. Denn so könne man nicht nur umständliche Prozesse identifizieren, sondern gleich die eigenen Ideen erproben und im Laboralltag verfeinern.
Mit diesem Erfindergeist stößt die ifp GmbH auf weltweite Aufmerksamkeit. Gerade erst hat sie sich mithilfe eines Vertriebspartners erfolgreich im chinesischen Markt festgesetzt. Daneben öffnet eine Kooperation mit dem Biotechnologieunternehmen Qiagen viele Türen. Das Wachstumsziel von 30 Prozent ist vor diesem Hintergrund sehr konservativ. Um es zu erreichen, müsste schon einiges schiefgehen: Letztes Jahr wuchsen die Neu-Adlershofer um satte 100 Prozent.
Von Peter Trechow
Internet: www.produktqualitaet.com