Fokussiert und profiliert zum Erfolg
Das gallische Dorf oder Der Adlershofer Pantoffel-Effekt
Seit gut zwei Dekaden verbindet der Wissenschaftspark im Südosten Berlins Forscher mit Hightechfirmen und Gründern. Während andernorts Zweifel an der Idee des Technologieparks keimen, floriert das Adlershofer Modell. Warum?
Manchen gilt er als „Gallisches Dorf“, weil sich hier, abgekoppelt vom Rest der Stadt, erfolgreich eine Community entwickelt: der Wissenschafts- und Technologiepark Berlin Adlershof. Mit Blick auf andere Standorte am Rande deutscher Städte, die hart an der Grenze zur Investitionsruine segeln, wird zuweilen das „Auslaufmodell Technologiepark“ diskutiert. Hardy Schmitz, Chef des „Gallischen Dorfes“, hält die Idee nicht für gescheitert – es kommt nur darauf an, sie beharrlich zu verfolgen.
Und das glückte in Adlershof über gut 20 Jahre hinweg. „Zeit und politische Geduld, dieses Cluster aufbauen zu dürfen, zählen zu den Erfolgsfaktoren“, sagt Schmitz. Doch das ist nicht alles: „Am besten funktionieren Technologieparks im Umfeld einer Hochschule, wobei sie durch eine Innovationsinfrastruktur einen wirtschaftlichen Andockraum für Talente schaffen müssen“, erklärt der Standortmanager. Und: „Man muss sich trauen, Schwerpunkte zu setzen.“ Denn ein klares Profil entwickelt Sogwirkung und erhöht die Chance international sichtbar zu werden. Dazu gehört auch, kritisch auszuwählen, wer in einen solchen Park passt: „Wir wachsen nicht querbeet, sondern mit klar technologieorientierten Unternehmen“, betont Schmitz.
Am stetigen Arbeitsplatz- und Umsatzwachstum zeigt sich die nachhaltige Entwicklung: 2012 arbeiteten in 954 Unternehmen und 17 Instituten rund 15.000 Menschen, der Gesamtjahresumsatz lag bei 1,7 Mrd. Euro. Gut 70 % der Investitionen stammen aus der Privatwirtschaft, die längst die Rolle als Wachstumsmotor am Standort übernommen hat. Anfangs waren das gerade mal 15 %, den Rest schulterte in der infrastrukturellen Aufbauphase die öffentliche Hand.
Mittlerweile hat Adlershof Modellcharakter für andere Technologieparks in der Stadt. Aber auch weit darüber hinaus, was ausländische Besucher belegen, die hier lernen wollen, wie es richtig geht. Schmitz: „Es ist wichtig zu einer Marke zu werden, was auch den Zusammenhalt und die Kooperation der Community hier fördert, fast wie in einem Club.“ Begünstigend kommt hinzu, dass einstige Gründer dank der Ausbaureserven des Standortes wachsen können, ohne wegziehen zu müssen. Davon zeugen die sich zahlreich drehenden Baukräne: AEMtec wird bald sein neues Gebäude beziehen und befindet sich damit in bester Gesellschaft mit der BAM, Bruker Nano, den Firmen LTB Lasertechnik sowie BESTEC, die gemeinsam bauen. Die Europa-Center AG beginnt mit dem dritten Bauabschnitt und der erste Spatenstich für den Fünf-Millionen-Neubau von Bauer Elektroanlagen ist getan.
Den steilen Weg von einem Drei-Mann-Projekt in einer Beschäftigungsgesellschaft zu einer florierenden Firma, die sich in der Bauherrenriege wiederfindet, ist die SMD Leiterplatten-Lötservice GmbH gegangen. Bis zum Jahresende möchten die beiden geschäftsführenden Gesellschafter, Christa Eckart und Heiko Müller, ihr neues Fertigungsgebäude mit 1.500 Quadratmeter Nutzfläche auf dem Nordgelände beziehen.
„Wir müssen weiterwachsen“, sagt das Geschäftsführerduo. Daher ist der Neubau für 100 Mitarbeiter ausgelegt; derzeit sind bei SMD 25 angestellt. „In Adlershof finden wir im Sinne unserer Kunden ein einzigartiges Netzwerk, was so wichtig wie das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Nähe hier ist“, sagt Eckart. „Wir sprechen gern von Pantoffelkunden, die mal schnell in Puschen über den Hof geflitzt kommen, wenn sie Hilfe brauchen.“
Dieser Pantoffel-Effekt zählt zu den Erfolgsfaktoren: „Durch das Netzwerk aus Forschung, Instituten und kleinen Firmen können auch Nischenmärkte, beispielsweise mit hochspeziellen optischen Geräten, bedient werden“, sagt Professor Günther Tränkle, Direktor des Ferdinand-Braun-Instituts und Clustersprecher Optik/Mikroelektronik Berlin-Brandenburg. „Allein durch Forschung wird kein Technologiepark wirtschaftlich erfolgreich sein, es braucht immer Firmen, die das Geld verdienen.“ Und in Adlershof gelänge es, Forschung direkt wirtschaftlich zu verwerten.
Das, wie Schmitz sagt, Adlershofer Biotop aus Forschung, Gründerzentren und Technologieunternehmen ist zur Blaupause für andere Technologieparks geworden. Es ist eine Erfolgsgeschichte mit vielen Fortsetzungen.
Von Chris Löwer für Adlershof Journal