Für eine gesündere Arbeitswelt
Das Start-up DearEmployee analysiert die Unternehmenskultur und leitet Handlungsempfehlungen ab
Immer mehr Unternehmen setzen sich für gesündere Arbeitsbedingungen ein – auch, um in Zeiten des Fachkräftemangels attraktiv zu bleiben. Das Berliner Start-up DearEmployee bietet ein ideales Tool.
Anhand der von DearEmployee deutschlandweit aggregierten Daten lassen sich beunruhigende Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt feststellen: In 58 Prozent der Unternehmen belasten die Beschäftigten Zeitdruck und in 45 Prozent ständige Arbeitsunterbrechungen. 14 Prozent der Beschäftigten fühlen sich ausgebrannt. Arbeitnehmer:innen klagten im Schnitt über fünf berufsbezogene körperliche oder psychische Beschwerden: etwa Schlafprobleme, Rücken- oder Augenschmerzen.
Die Erkenntnisse stützen sich auf rund 25.000 Befragungen aus mehr als 200 Unternehmen. Von DearEmployee versprechen sich die Kunden, dass sie in Zeiten des Fachkräftemangels gut aufgestellt sind – indem sie zentrale Bausteine einer positiven Unternehmenskultur auf den Prüfstand stellen: Gesundheit, Motivation und die Bindung zum Unternehmen.
Das im Charlottenburger Innovations-Centrum (CHIC) angesiedelte Start-up gibt sich allerdings nicht mit einer reinen Bestandsaufnahme der Arbeitsbedingungen zufrieden: „Wir führen von den Daten zu Taten“, sagt Amelie Wiedemann, wissenschaftliche Leiterin und Mitgründerin von DearEmployee. Während übliche Analyse-Tools ihre Kunden mit den Ergebnissen allein ließen, bereitet das Team um Wiedemann die Ergebnisse so auf, dass sie unmittelbar Erkenntnisse darüber liefern, wie die körperlichen und psychischen Arbeitsbedingungen im Unternehmen gezielt verbessert werden können.
Zunächst ergründet DearEmployee bei sogenannten Kick-off Workshops Organisationsstruktur und Tätigkeitsfelder des jeweiligen Unternehmens. Erst dann wird das entsprechende Survey aufgesetzt. Die einzelnen Fragebausteine sind gemeinsam mit der Freien Universität Berlin wissenschaftlich validiert worden, damit auch die relevanten gesundheitsbezogenen Aspekte erhoben werden.
Zum Beispiel mit der Frage nach der Arbeitsintensität. Um diese Bedingung präzise zu erfassen, sollen Beschäftigte im Fragebogen anhand von einer Skala von eins bis zehn folgende Aussage bewerten: „Ich arbeite unter hohem Zeitdruck.“ Wer dort die zehn angibt, hat offensichtlich massiven Stress. Wiedemann sagt: „Bei üblichen Fragebögen würde man aber hier schon nicht mehr verstehen: Wo kommt der Zeitdruck denn her?“ Deshalb geben die Surveys von DearEmployee den Befragten ergänzend die Möglichkeit, einzelne Antworten durch Anklicken sogenannter Tags zu begründen. Beim Thema Zeitdruck können die Beschäftigten unter anderem auswählen zwischen den Tags „Es ist zu viel Arbeit für eine Person.“ oder „Ich habe ständig Arbeitsunterbrechungen“. „Damit lässt sich das Problem viel besser verstehen“, erklärt Wiedemann.
Im Anschluss analysiert das Tool automatisch die Daten aus den Fragen und Tags. Über ein Online-Dashboard kann das Personalwesen direkt einsehen, wie es um die Gesundheit, Motivation und Unternehmensbindung der Mitarbeitenden bestellt ist und welche konkreten Risiken herrschen. Die Survey-Ergebnisse liefern darüber hinaus unmittelbar Empfehlungen für Maßnahmen, etwa passende Apps für die Personalentwicklung, problembezogene Workshops oder gegebenenfalls die Vermittlung psychologischer Soforthilfe.
„Reine Survey-Tools versuchen, die Motivation im Unternehmen zu messen und zu erhöhen“, stellt Wiedemann fest. „Aber im Zuge des Fachkräftemangels braucht es mehr. Du musst wissen: Wie halte ich die Leute leistungsfähig und leistungsbereit? Und zwar möglichst im eigenen Unternehmen.“ Das herauszufinden dauert mit DearEmployee tatsächlich nur 25 Minuten – und ist sehr effizient: Bereits im ersten Jahr konnten Kunden die Zahl der Burnout-Gefährdeten im Schnitt um 32 Prozent reduzieren.
Shea Westhoff für POTENZIAL