Gärtner im Bienennest
Blick in einen nachhaltigen Kita-Alltag
Pflanzen und Tiere schützen, an unsere Mitmenschen denken, friedlich miteinander umgehen, Lebensmittel nicht verschwenden, Müll trennen – was nachhaltig ist, lernen schon die Jüngsten, wie ein Blick in eine Adlershofer Kita zeigt.
Skeptisch beobachtet Leyla Khalil. Der Sechsjährige ist bereits beherzt dabei, ein Loch zu graben, während die Vierjährige mit der Schippe in der Hand noch überlegt, ob es okay ist, sich die Hände schmutzig zu machen. Die beiden und eine Handvoll weiterer Kinder sind im Garten des Montessori Kinderhauses Bienennest. Die Kita befindet sich im Erdgeschoss eines der zehn Passivhäuser im Studentendorf Adlershof.
Heute ist Pflanznachmittag in der Kita. Als Beet dient ein großes rundes Gefäß. Hier werden die kleinen Gärtner gleich Gemüsepflanzen einsetzen. Im Pflanztrog nebenan wachsen Erdbeeren. Eine kleine rote Beere blitzt durch das Blattgrün und wartet darauf, geerntet zu werden. Auch Kräuter sprießen schon in einem der Kübel im Kita-Garten. Zusätzlich betreuen die Kita-Kinder auch ein Beet im benachbarten Unigarten der Studierenden der Humboldt-Universität zu Berlin.
Khalil hat sich einen Tomatensetzling ausgesucht, Leyla ein Auberginenpflänzchen. Erzieher Özgur lässt die Steppkes so gut wie alles selbstständig machen. Er fragt sie, ob sie das Pflanzloch für groß genug halten, hält den Sack mit der Erde auf und hilft die Setzlinge anzudrücken. Özgur und die Kinder sprechen mal Englisch, mal Deutsch – die Kita ist bilingual, insgesamt 30 Kinder zwischen ein und sechs Jahren aus 15 verschiedenen Nationen werden hier betreut. Da passt es gut, dass Özgur vor drei Jahren aus Istanbul nach Berlin kam. Er hat Molekularbiologie und Gentechnik in der Türkei studiert, wollte mit dem Bachelor in der Tasche dann jedoch nicht hauptsächlich im Labor stehen, sondern lieber im sozialen Bereich tätig werden. Über ein Programm des EVS (European Voluntary Service) und den Bundesfreiwilligendienst arbeitete er zwei Jahre in der Kita in Adlershof, seit letzten Sommer macht er hier nun eine Ausbildung zum Erzieher.
Özgur hat viel Geduld und achtet darauf, dass kein Kind zu kurz kommt. Als Khalil bereits mit der Minigießkanne zum Wasser holen losrennt, ermuntert er Leyla, die immer noch zögerlich am Beetrand wartet, auch ihre Auberginenpflanze einzusetzen. Özgur hilft ihr, das zarte Gewächs aus dem Pflanztopf zu nehmen, und fragt dabei, was mit dem Kunststoffübertopf passieren soll. „Der kommt in die Plastiktonne“, sagt Leyla prompt. Nur auf die Nachfrage, ob das die blaue oder die gelbe Tonne sei, reagiert die Vierjährige noch unsicher. Doch auf den farbigen Mülleimern in der Kita kleben Bilder, sodass die Kinder sehen können, was wo reingehört.
Einpflanzen, pflegen, ernten und natürlich vernaschen, Müll sortieren – die Jüngsten lernen ganz nebenbei, was es heißt, umweltfreundlich zu agieren und sich gesund zu ernähren. „Vor zwei Jahren haben wir sogar eine Wassermelone zusammen gezüchtet. Daraus haben wir Melonensaft mit Minze gemacht“, schwärmt Özgur. Überall im Kitaalltag spielen Themen für eine nachhaltige Lebensweise eine Rolle. Im Essenraum hängen Bilder mit den Nahrungsmitteln, die ein gesundes Frühstück ausmachen. So wissen die Kleinen, dass weder Schokolade noch Kuchen in die morgendliche Brotbüchse gehören. Das Spielzeug ist aus Holz- und Naturmaterialien. Bei regelmäßigen Ausflügen in den Landschaftspark Johannisthal/Adlershof oder zum Planetenspielplatz wird Naturverständnis vermittelt.
Klar, dass auch der Kitaname „Bienennest“ verpflichtet. Bienenschutz ist ein dauerhaftes Projekt im Kinderhaus. Es gibt Stoff- und Plüschbienen in verschiedenen Größen in der Kita, Kinderzeichnungen von den schwarzgelben Nutztierchen hängen an den Wänden und Khalil, Leyla und die anderen Kinder wissen schon viel über die Lebensweise unserer Honiglieferanten.
Von Sylvia Nitschke für Adlershof Journal