Geoinformations-Systeme zum Mitgestalten
FOSSGIS-Konferenz in Adlershof
Vom 15. bis 18. März 2023 findet im Erwin Schrödinger-Zentrum die im deutschsprachigen Raum führende Konferenz für Freie und Open-Source-Software für Geoinformationssysteme, FOSSGIS, statt. Veranstalter sind der gleichnamige gemeinnützige Verein, die OpenStreetMap Community und das Geographische Institut der Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Wir sprachen mit Tobia Lakes, HU-Professorin für Angewandte Geoinformationsverarbeitung.
Frau Lakes, was ist die FOSSGIS-Konferenz?
Wir alle benutzen – bewusst oder unbewusst – im Alltag häufig Geodaten und Funktionen geografischer Informationssysteme. Zum Beispiel, wenn Sie sich auf GoogleMaps die Karte einer Stadt anzeigen lassen. Ziel der jährlich stattfindenden Konferenz ist die Verbreitung von freier und Open-Source-Software für Geoinformationssysteme sowie Open Data. Entwickler:innen und Anwender:innen teilen hier neueste Erkenntnisse. Es geht um Themen wie Webmapping, Geodateninfrastrukturen, Geodatenmanagement, Geoprocessing, Geodatenanalysen und -modellierungen, um Desktop-GIS und freie Geodaten, wie OpenStreetMap. Auch spielt die Digitale Souveränität im Zusammenhang mit Open Source eine große Rolle.
Was ist der Unterschied zwischen freier und Open Source Software?
Freie Software heißt kostenfrei. Jeder kann sie nutzen, aber sich nicht bei deren Weiterentwicklung beteiligen. Open-Source-Software hingegen bedeutet, dass der Quellcode offen ist. Hier können Nutzer:innen eigene Module mitgestalten und weiterentwickeln – genau so, wie wir sie brauchen. Das ist sehr transparent. Ein Beispiel ist das Projekt „Bikebility – wie fahrradfreundlich ist unsere Stadt?“. Hier können Nutzende zum einen ein Softwarepaket nutzen, wo sie sich durchklicken, Fahrradwege, Abstellmöglichkeiten, Ausleihe, Bahnhöfe usw. erkunden. Zum anderen gibt’s auch ein Paket, wo sie selbst Stationen, Tipps und anderes hinzufügen und einpflegen können. Nutzer:innen entwickeln diese Software also weiter.
Was beinhaltet Ihre Arbeit als Professorin für angewandte Geoinformationsverarbeitung?
Ich forsche zu und lehre Methoden der angewandten Geoinformationsverarbeitung. Wir haben am Geographischen Institut verschiedene Bachelor- und Masterstudiengänge, und sie alle kommen in den Genuss etwas über Geodaten zu lernen. Sie erfahren, wo die Daten herkommen, wie sie verarbeitet und analysiert werden können. Das geht los bei Koordinatensystemen und einer einfachen Distanz-Berechnung. Hinzu kommen dann die Visualisierung und Kartengestaltung in Theorie und Praxis. So führen zum Beispiel die Studierenden im 2. Semester des Bachelorstudiums eine eigenständige Wohnumfeldanalyse mithilfe von Geoinformationssystemen durch.
Zum anderen bin ich in der Forschung tätig.
Woran forschen Sie?
Im Moment stehen zwei Themen an erster Stelle. Das eine ist ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zu COVID, in dem gemeinsam mit dem Gesundheitsamt Neukölln Methoden und Strategien zu Vulnerabilitäten und Risiken entwickelt werden. Wir schauen nun, welche Karten, Methoden und Daten es braucht, um schnell aktuelle Zahlen darzustellen. Es geht um webbasierte Visualisierung, kartografisches Darstellen, schnelles Teilen und Integrieren von Daten.
Das zweite Thema bearbeiten wir in der DFG-Forschungsgruppe FORLand. Hier geht es um Auswirkungen des Klimawandels auf die Landnutzung in Berlin und Brandenburg und Möglichkeiten der Anpassung des Menschen. Zurzeit konzentrieren wir uns auf das Spreeeinzugsgebiet und die Entwicklung der Landwirtschaft in Brandenburg rund um Berlin. Hier gibt es viele Interessen verschiedener Nutzer:innen, die aufeinanderprallen: landwirtschaftliche Produktion, Biodiversität, Klimaschutz. Wir forschen nun mittels Datenanalysen und räumlicher Optimierungen, um Zielkonflikte und mögliche Szenarien aufzuzeigen. Dabei integrieren wir physisch-geographische Daten wie z. B. Boden, Wasser, Klima, Flora, Fauna mit human-geographischen Daten, wie z. B. zur Infrastruktur, Demografie und Wirtschaftsstrukturen. Die integrierte Sicht spielt in der Geoinformationsverarbeitung eine große Rolle.
Zurück zur Konferenz – wie ist Ihr Bereich dort vertreten?
Wir haben ein kleines Vor-Ort-Komitee aus unserem Institut. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Benjamin Jakimow und Katja Haferkorn! Unser Augenmerk aus der Angewandten Geoinformationsverarbeitung liegt bei der Konferenz auf Geoprocessing, Geodatenanalysen und -modellierungen. Die FOSSGIS ist eine sehr praxisbezogene Konferenz und daher neben der Forschung auch für die Studierenden sehr interessant, denn es werden sich viele Möglichkeiten zum Austausch mit potenziellen Arbeitgeber:innen bieten.
Kathrin Reisinger für Adlershof Journal