Gute Noten für das ISAS
Leibniz-Senat nimmt zu vier Einrichtungen Stellung
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hat am Mittwoch, 16. März 2011, zu vier Einrichtungen Stellung genommen. In drei Fällen attestierte er hohe Leistungen und empfahl Bund und Ländern, die Einrichtungen weiterhin gemeinsam zu fördern. In einem Fall empfiehlt der Senat, die gemeinsame Förderung nicht fortzuführen.
Das Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken ist eine im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähige Einrichtung der Materialforschung, die sehr gute Arbeitsergebnisse erzielt. Das stellt der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme zum Institut fest.
Am INM werden Materialien aus physikalischer, chemischer und zunehmend auch biologischer Perspektive untersucht und neue Materialien bis zum Prototyp entwickelt. In seiner Stellungnahme hebt der Senat der Leibniz-Gemeinschaft hervor, dass sich das Institut in den letzten Jahren äußerst positiv entwickelt habe. Kennzeichnend für das INM sei, so der Senat, die sehr gute Verbindung von grundlagen- und anwendungsorientierter Forschung. Dies wurde durch eine strategische Neuausrichtung im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzeptes erreicht.
Der Senat bescheinigt dem Institut zugleich einen bemerkenswerten Reformprozess, den das INM seit 2007 durchlaufen habe. Noch bei der letzten Evaluierung im Jahr 2006 war das INM sehr kritisch beurteilt worden. Der Senat empfahl damals eine erneute Begutachtung bereits nach vier statt sieben Jahren vorzunehmen. Seitdem hat das Institut wichtige Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung ergriffen und einen international ausgewiesenen Wissenschaftler als Institutsleiter berufen. Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern, die gemeinsame Förderung des INM fortzuführen.
Das Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften (ISAS) in Dortmund und Berlin schätzt der Senat der Leibniz-Gemeinschaft in seiner aktuellen Stellungnahme als eine erfolgreiche Einrichtung der analytischen Forschung in Deutschland ein, die international sichtbar und in Europa einzigartig ist. Er attestiert dem Institut eine konsequente Umsetzung des im Jahre 2003 vorgelegten Neustrukturierungskonzepts. Es stellte den Verbleib des ISAS in der gemeinsamen Bund-Länder-Förderung sicher, nachdem das Institut 2000 durch den Wissenschaftsrat negativ evaluiert worden war. Die in dem Konzept angestoßene Ergänzung des klassischen Fachspektrums des ISAS um die Lebenswissenschaften habe zu überzeugenden Ergebnissen geführt und eröffne dem Institut eine ausgezeichnete Perspektive für die Zukunft.
Das ISAS widme sich nun erfolgreich der Erforschung und Entwicklung neuer und verbesserter analytischer Verfahren und deren Anwendung auf den Gebieten der Material- und Lebenswissenschaften. Die Ergebnisse der anwendungsorientierten Grundlagenforschung mit den beiden Schwerpunkten
„Neue Materialien“ und „Biomoleküle“ werden u. a. in der Energie- und Informationstechnik, in der Medizin und im Umweltschutz genutzt.
Von zentraler Bedeutung für die Arbeiten des ISAS sei der Zugang zu den komplementären Elektronenspeicherringen DELTA an der Universität Dortmund und BESSY am Helmholtz-Zentrum für neue Materialien und Energie in Berlin. Die Aufteilung des Instituts auf diese beiden Standorte sei daher unverzichtbar. Um die Arbeitsfähigkeit des Instituts auf Dauer zu sichern, sei die geplante Baumaßnahme am Standort Berlin aus wissenschaftlicher Sicht zwingend erforderlich.
Das Weierstraß-Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS) in Berlin ist ein erfolgreiches und weit anerkanntes Institut der Angewandten Mathematik. Es besitzt ein außergewöhnliches Profil mit international hoher Ausstrahlung. Dies, so der Senat, wurde jüngst eindrucksvoll dadurch bestätigt, dass das WIAS seit Januar 2011 ständiger Sitz des Sekretariats der International Mathematical Union (IMU) ist. Bund und Ländern empfiehlt der Senat, die gemeinsame Förderung des Instituts fortzuführen.
Das WIAS bearbeitet komplexe Problemstellungen der Angewandten Mathematik. Dabei umfassen die Arbeitsschwerpunkte das gesamte Spektrum der mathematischen Problemlösung, von theoretischen Untersuchungen bis hin zur Verfahrensentwicklung, Simulation und Modellierung. Die Brücke, die das Institut dabei zwischen Grundlagenforschung einerseits und technischer und industrieller Anwendung andererseits schlägt, bezeichnet der Senat in seiner heute veröffentlichten Stellungnahme als überzeugend. Die Anwendungsorientierung zeige sich auch in den erfolgreich von WIAS, Industrie und Forschungseinrichtungen getragenen Verbünden und Kompetenzzentren.
Die Arbeitsergebnisse bewertet der Senat als sehr gut, in einigen Fällen als exzellent. In der Einwerbung von Drittmitteln erzielte das Institut beeindruckende Erfolge, so der Senat. Auch ist das Institut sehr gut national und international vernetzt. Dabei unterstreicht der Senat insbesondere die herausragend gute Vernetzung des WIAS innerhalb der Berliner Mathematik sowie dessen Beteiligung am DFG-Forschungszentrum Matheon. Der Senat erwartet, dass sich das WIAS hierfür aktiv an der Ausarbeitung eines Nachfolgekonzepts einbringt.
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft empfiehlt Bund und Ländern die Beendigung der gemeinsamen Förderung des Berliner Fachinformationszentrums Chemie (FIZ Chemie). Bereits 2004 hatte er darauf hingewiesen, dass sich die vergleichsweise kleine Informationsinfrastruktur-Einrichtung, die sich der Recherche und Bereitstellung wissenschaftlicher Literatur zu Themen aus der Chemie widmet, strategisch positionieren müsse, um auf dem sich rasant entwickelnden Fachinformationsmarkt bestehen zu können. Eine entsprechende grundlegende Neuausrichtung ging das FIZ Chemie jedoch zu zögerlich an.
In seiner am Mittwoch, 16. März, veröffentlichten Stellungnahme hält der Senat fest, dass für die erforderliche Neuausrichtung die Umsetzung zahlreicher Maßnahmen notwendig gewesen wäre. Insbesondere erwähnt er in diesem Zusammenhang die Fundierung der Service-Angebote durch angewandte Forschung und Methodenentwicklung, strategische Kooperationen mit Hochschulen und eine deutliche Verstärkung von Markt- und Nutzungsanalysen. Der Senat sieht jedoch keine hinreichende Grundlage, auf der eine erfolgversprechende Umsetzung dieser Maßnahmen zu erwarten wäre.
Der Senat würdigt die beiden traditionsreichen und qualitativ sehr überzeugenden Datenbanken ChemInform und Infotherm und erkennt die Beiträge des FIZ Chemie zur Förderung des schulischen und wissenschaftlichen Nachwuchses sowie zur Ausbildung in Chemie-Berufen an. Angesichts der grundlegenden, in der heute veröffentlichten Stellungnahme im Einzelnen erläuterten Kritikpunkte sieht der Senat die Anforderungen, die an eine von Bund und Ländern gemeinsam geförderte Einrichtung gestellt werden, jedoch nicht mehr erfüllt. Er empfiehlt, Lösungen für die Weiterentwicklung und
Bereitstellung der beiden Datenbanken des FIZ Chemie im Rahmen der gemeinsamen Bund-Länder-Förderung zu suchen.
Die einzelnen Senatsstellungnahmen finden Sie im Wortlaut auf den Internetseiten der Leibniz-Gemeinschaft unter www.leibniz-gemeinschaft.de/evaluierung
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Hintergrund
Der Senat der Leibniz-Gemeinschaft evaluiert in einem Zeitraum von maximal sieben Jahren die Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft. Auf der Grundlage der Senatsstellungnahmen überprüfen Bund und Länder in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK), ob die Voraussetzungen für die gemeinschaftliche Förderung der Leibniz-Einrichtungen weiterhin gegeben sind.
Der Senat ist extern besetzt, das Evaluierungsverfahren strikt unabhängig. Zur Durchführung der Evaluierungen hat der Leibniz-Senat den Senatsausschuss Evaluierung (SAE) eingesetzt. Zur Evaluierung der einzelnen Institute bildet der SAE Bewertungsgruppen, die aus international renommierten und unabhängigen Wissenschaftlern zusammengesetzt sind. Die Bewertungsgruppen besuchen die Institute und bilden sich anschließend auf der Grundlage von Textmaterialien, Institutsdaten sowie Interviews und Diskussionen mit den Institutswissenschaftlern eine Meinung über die wissenschaftliche Qualität und Bedeutung der Einrichtung.
Die Leibniz-Gemeinschaft
Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 87 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung sowie zwei assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesamtgesellschaftlich relevante Fragestellungen strategisch und themenorientiert. Dabei bedienen sie sich verschiedener Forschungstypen wie Grundlagen-, Groß- und anwendungsorientierter Forschung. Sie legen neben der Forschung großen Wert auf wissenschaftliche Dienstleistungen sowie Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Sie pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland.
Das externe Begutachtungsverfahren der Leibniz-Gemeinschaft setzt Maßstäbe. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam.
Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 16.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 7.100 Wissenschaftler, davon wiederum 2.800 Nachwuchswissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,3 Mrd. Euro, die Drittmittel betragen etwa 280 Mio. Euro pro Jahr (Stand 2010).