Hoch hinaus: Picosatelliten während des Aufstiegs in Sicherheitsboxen verbannt
Mit nur münzgroßen Satellitenrädern oder tonnenschweren Prüfgeräten – auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) vom 8. bis 13. Juni in Schönefeld werden auch Adlershofer Unternehmen präsent sein.
Per Anhalter übers Land reisen, das ist zumindest hierzulande ziemlich aus der Mode gekommen. Für Reisen ins All wird die Methode aber immer häufiger genutzt – von Satelliten. Wenn die großen Erdbegleiter in den Himmel geschickt werden, ist in der Trägerrakete meist noch Platz für Picosatelliten. Diese höchstens ein Kilogramm schweren Würfel mit einer Kantenlänge von je zehn Zentimetern fliegen gewissermaßen als Lückenfüller mit. Natürlich sind die Zwerge nicht so vielseitig wie große Satelliten. Für einfache Forschungsvorhaben genügen sie aber allemal.
Bei der Mitfliegerei kann es allerdings Probleme geben. „Wenn die Rakete abhebt, treten heftige Vibrationen auf, die dazu führen können, dass die Picosatelliten die millionenteure Hauptlast beschädigen“, sagt Michael Scheiding. Um das zu vermeiden, haben er und seine Mitarbeiter von der Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH eine Sicherheitsbox aus Aluminium entwickelt. Sie umschließt die kleinen Erdbeobachter während des Aufstiegs ins All sicher. Ist der Orbit erreicht, wird der Deckel geöffnet und mithilfe einer Feder der Picosatellit nahezu rückstoß- und drallfrei ausgesetzt.
Mit dieser Technik wurde beispielsweise der „Beesat“ (Berlin Experimental and Educational Satellite) der TU Berlin im vergangenen September auf seine Umlaufbahn gebracht. Aber auch Forscher aus Würzburg, Istanbul und Lausanne nutzen die Adlershofer Transportbox. Im März wurde der „Single Picosatellite Launcher“ mit dem Bayerischen Staatspreis ausgezeichnet.
Das Know-how der Adlershofer Firma steckt auch im Inneren von Satelliten, in Gestalt von sogenannten „reaction wheels“. Die kleinen Räder mit Schwungmassen aus Bronze sind in verschiedenen Richtungen angebracht und rotieren mit mehreren Tausend Umdrehungen pro Minute. Ändert man die Drehzahl eines einzelnen Rades, ändert der Satellit aufgrund der Drehimpulserhaltung seine Ausrichtung. Je nach Gewicht des Satelliten, sind die Räder etwa so groß wie Suppenschüsseln oder so klein wie 1-Euro-Münzen. „Gerade die wheels für Picosatelliten sind auf dem Weltmarkt sehr begehrt“, sagt Scheiding. „Wir sind die einzigen, die so kleine Räder anbieten.“
Die ILA ist aber nicht nur Marktplatz für die Raumfahrt, sondern auch für Technik aus dem Luftverkehr. Die Firma Bussard Design präsentiert unter anderem Prüfgeräte für „Aktuatoren“. Das sind Hydraulikzylinder, die entsprechend der Pilotenbewegungen am Steuerknüppel die Ausrichtung der Höhen- und Seitenruder oder Bremsklappen verändern. „Diese Bewegungen müssen schnell, präzise und vor allem zuverlässig sein“, sagt Geschäftsführer Georg Heinrich. Mittels der an die einzelnen Klappen „angedockten“ Prüfgeräte wird gemessen, wie viel Kraft vonnöten ist, um sie zu bewegen. Daraus berechnet eine Software, wie groß der Verschleiß in den Lagern ist oder ob es Leckagen im Hydrauliksystem gibt.
Das gesamte Prüfsystem wiegt über vier Tonnen, denn es muss teils enorme Kräfte aushalten. Beim Eurofighter z. B. gibt es eine Klappe, die den Lufteinlass für das Triebwerk regelt. Sie ist zwar nur so groß wie ein DIN A3-Blatt, doch bei Fluggeschwindigkeiten von rund 2.000 km/h erzeugt der Luftdruck eine Last von bis zu 116 Tonnen, berichtet Heinrich. „Unter diesen Bedingungen kann jeder Funktionsfehler, der nicht rechtzeitig erkannt wird, verheerende Folgen haben.“
von Ralf Nestler