Hörende Kameras und genügsame Sensoren: GFaI auf Expansionskurs
Akustik, Robotik, Bildverarbeitung, Sicherheit und 3-D sind nur einige Felder, auf denen sich die Forscher der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik in Adlershof (GFaI) tummeln. Seit 20 Jahren beliefern sie Unternehmen, Behörden und Forschungsinstitute mit Ideen. Nach schwierigen Anfängen wurden einige Produkte zu Kassenschlagern. Die Gesellschaft setzt auf Expansion.
Alfred Iwainsky freut sich auf den Umzug. „Dann muss ich nicht mehr so viel rumlaufen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der GFaI. Noch sitzen die hundert Mitarbeiter in mehreren Gebäuden verteilt auf dem Gelände des Wissenschaftsparks im Südosten Berlins. Ab Juni sollen dann alle in einem neuen Gebäude unter einem Dach arbeiten – pünktlich zum 20. Gründungsjubiläum der Gesellschaft, deren etwa 100 Mitglieder sich der anwendungsnahen Forschung verschrieben haben.
Anfang chaotisch
Die ersten Jahre Anfang der 90er seien teils chaotisch gewesen, erinnert sich Iwainsky. „Als nach dem Mauerfall die Akademie der Wissenschaften der DDR abgewickelt wurde, suchte jeder nach Perspektiven.“ Etliche Kollegen seien mit guten Ideen zu ihm gekommen, erinnert sich der Physiker, der an der Akademie in der Kosmosforschung tätig gewesen war. Zuerst arbeiten viele Forscher noch ehrenamtlich für die Gesellschaft. Der Knoten platzt, als die GFaI sich 1991 der Dachorganisation AiF (Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen) anschließt, die Forschung für kleine und mittelständische Unternehmen unterstützt. Nach dem ersten mit öffentlichen Mitteln geförderten Auftrag – einem Bildverarbeitungsprojekt – steigt die Zahl der Mitarbeiter innerhalb von zwei Jahren auf 70. Von den zeitweise fast 30 ABM-Stellen sind heute alle umgewandelt.
Akquise mit Biss
Physiker, Mathematiker, Maschinenbauer und Computerexperten arbeiten bei der GFaI Tür an Tür. Sie bedienen Firmen und Behörden, die selber keine Kapazität zum Lösen komplizierter technischer Probleme haben. Für den schwäbischen Schuhhersteller Birkenstock entwerfen die Forscher eine Maschine, die im Durchlichtverfahren Lederflächen vermisst. Seit 13 Jahren nimmt die deutsche Flugsicherung das Know-how der Adlershofer in der Netzwerktechnik in Anspruch. Weitere Kunden sind das Bundeskriminalamt, die Bundesdruckerei und Thyssen-Krupp. „Bei uns wird mit Biss akquiriert, wir forschen hier nicht nur auf der grünen Wiese“, hebt Frank Weckend hervor, seit 2007 Geschäftsführer der GFaI.
Der bislang größte kommerzielle Erfolg der GFaI ist die akustische Kamera, die über eine eigens gegründete Gesellschaft auch international vermarktet wird. Das Gerät misst mit dutzenden Mikrofonen, woher der Schall kommt, und zeigt die Quellen auf einem Bildschirm an. Fast zwei Drittel der Kamerasysteme werden derzeit in die Autoindustrie verkauft, die damit unerwünschte Lärmquellen in Motoren ausfindig macht. Als neue Märkte werden die Bahn- und Luftfahrtbranche oder der Immobilienbereich ins Visier genommen.
Brückenwartung
Weitere hochspezialisierte Tüfteleien sind in Arbeit: An einer Brücke in Magdeburg wurden erste Komponenten eines Fernüberwachungssystems getestet, dass Vibrationen in den Bauwerken misst und mögliche Unregelmäßigkeiten per Funk meldet. Spezielle Sensoren ziehen ihre Energie dabei aus Schwingungen, den Erschütterungen durch Fahrzeuge oder sogar dem Wind – das Aufladen von Akkus entfällt. „Wir führen hier verschiedene Kompetenzen wie etwa im Funk, Energieausnutzung, Datenauswertung und Architektur zusammen“, sagt Iwainsky. Sollten die Sensoren dereinst Serienreife erreichen, sieht der gelernte Physiker einen potenziellen Massenmarkt: „Es gibt Brücken im Wert von etwa 80 Milliarden Euro, die mühsam von Menschen gewartet werden.“
Trotz der Wirtschaftskrise setzen die Forscher auf Expansion: Im neuen Gebäude würden auch 120 Mitarbeiter Platz finden. Die Vielseitigkeit der Forschung sei ein Wettbewerbsvorteil, glaubt Weckend. „Wir sind so breit aufgestellt, dass wir auch die nächsten 20, 30 Jahre überleben.“
von Claudia Wessling
Link: www.gfai.de