HZB-Forschende liefern neue Erkenntnisse zu bleifreien Perowskit-Solarzellen
Wie Fluor-Additive die Qualität verbessern
Zinnhalogenid-Perowskite gelten aktuell als beste Alternative zu den bleihaltigen Analogen, sind jedoch im Vergleich zu diesen noch deutlich weniger effizient und stabil. Nun hat ein Team um Prof. Antonio Abate aus dem HZB die chemischen Prozesse in der Perowskit-Vorläuferlösung und deren Fluoridchemie eingehend analysiert. Durch eine raffinierte Kombination von Messmethoden an BESSY II mit Kernspinresonanz konnten sie zeigen, dass Fluorid die Oxidation von Zinn verhindert, was zu einer homogeneren Filmbildung mit weniger Defekten führt und die Qualität der Halbleiterschicht erhöht.
Blei-Halogenid-Perowskit-Solarzellen versprechen sehr hohe Wirkungsgrade zu geringen Herstellungskosten. Die Toxizität von Blei wirft jedoch ernsthafte Umweltprobleme auf. Die Suche nach bleifreien Alternativen ist in vollem Gang. Zinn gilt derzeit als die beste Wahl, neigt aber zur Oxidation und unkontrollierten Kristallisation, was die Fertigung, Leistung und Stabilität der Solarzellen einschränkt.
Zinnfluorid hilft
Eine der gängigsten Strategien, um Zinn-basierte Perowskit-Schichten guter Qualität zu erhalten, besteht in der Verwendung von Zinnfluorid (SnF2) als Additiv im lösungsbasierten Herstellungsprozess. Viele Studien zeigen, dass SnF2 die optoelektronischen und morphologischen Eigenschaften der Perowskit-Schichten verbessert. Warum dieses Additiv jedoch diese Wirkung hat, wurde bislang nicht ausreichend beleuchtet.
Chemische Rolle aufgeklärt
Nun hat ein Team um Prof. Antonio Abate erstmals die chemische Rolle von SnF2 in der Perowskit-Vorläuferlösung aufgeklärt, die für diese Verbesserungen verantwortlich ist. Der Schlüssel liegt in den chemischen Eigenschaften der Fluoridanionen. Zinn oxidiert leicht von Sn(II) zu Sn(IV) und erzeugt in dieser Form Defekte in der Halbleiterschicht. Ergebnisse der Kernspinresonanz-Analyse zeigten nun, dass die Fluoridanionen aus SnF2 eine starke Affinität zu Sn(IV) aufweisen und die Verbindung SnF4 bilden. Mit Photoelektronenspektroskopie an BESSY II konnte das Team nachweisen, dass SnF4 eine geringere Tendenz zeigt, in die Perowskit-Struktur eingelagert zu werden. Dadurch wird der Sn(IV)-Gehalt in der Dünnschicht deutlich reduziert. Schließlich zeigten Messungen der Röntgen-Kleinwinkelstreuung an BESSY II, dass das Fluorid den Keimbildungsprozess in der Vorläuferlösung positiv beeinflusst und so die Kristallisation verbessert.
Homogeneres Ergebnis
„Vereinfacht gesagt binden Fluoridanionen oxidiertes Sn(IV) in der Lösung, als SnF4. Die verminderte Bindungsbereitschaft dieses Materials an perowskitähnliche Spezies verhindert seinen Einschluss in den Perowskitfilm“, sagt Jorge Pascual, ein Postdoc aus Abates Gruppe, der an Zinnhalogenid-Perowskiten forscht. „Darüber hinaus verbessert Fluorid die Kolloidstabilität von Zinnhalogenid-Perowskit-Vorläuferlösungen, wobei die Vorläufer-Untereinheiten eine gleichmäßiger verteilte Vorordnung bilden, was zu einem homogeneren Kristallwachstum führt“, erläutert Marion Flatken, die die Untersuchungen als Teil ihrer Promotion durchführte.
Diese Ergebnisse kommen zur richtigen Zeit. Auf Basis dieser Studie könnten sich noch andere Additive finden lassen, mit denen die Eigenschaften von bleifreien Perowskit-Solarzellen gezielt weiter verbessert werden.
Kontakt:
Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie
Abteilung Neuartige Materialien und Grenzflächen für photovoltaische Solarzellen
Marion Flatken
marion.flatken(at)helmholtz-berlin.de
Jorge Pascual Mielgo
jorge.mielgo(at)helmholtz-berlin.de
Pressemitteilung des Helmholtz Zentrum Berlin vom 26.07.2021