Im Gespräch mit Bernd Haase
Digitalisierungsprofi und großer Fan vom Landschaftspark Johannisthal/Adlershof
Wer in die Geschichte der Wissenschaftsstadt Adlershof eintauchen möchte, sollte einen Stopp bei Bernd Haase vom DSC Digital Service Center einlegen. Der gelernte Messtechniker, der beim Fernsehen der DDR ab 1980 für den richtigen Filmton und -schnitt sorgte und auch Fotos aus dieser Zeit konserviert hat, kann viel Spannendes dazu erzählen. Nach mehreren Umbrüchen in seinem Leben ist er nun seit 13 Jahren Adlershofer Unternehmer und hilft dabei, durch die Digitalisierung von Plänen, Notizen, Dias und Filmen Kulturgüter wie etwa die Felsentempel in Abu Simbel in Ägypten zu sichern. Der 59-Jährige, der alte Kameras sammelt, ist jung geblieben. Woran sich das zeigt? Etwa wenn er mit seinem eineinhalbjährigen Enkel regelmäßig auf Entdeckungstour im Landschaftspark Johannisthal/Adlershof unterwegs ist.
Adlershof Journal: Wann war Ihre erste Begegnung mit der Wissenschaftsstadt Adlershof?
Bernd Haase: Das Gelände kenne ich schon ganz lange. 1978 begann ich hier eine Ausbildung als Elektroniker im Zentralinstitut für wissenschaftlichen Gerätebau, das zur Akademie der Wissenschaften der DDR gehörte. Zwei Jahre später, mit der Ausbildung in der Tasche, wechselte ich als Messtechniker zum Fernsehen der DDR, direkt aufs Nachbargelände. Mit der Wende 1990 wurde ich arbeitslos, fand aber schnell wieder einen Job in einem Westberliner Fotogroßlabor. 2007 kam ich mit einem eigenen Fotofachlabor und Fotostudio nach Adlershof zurück. Zusammen mit dem Fotoingenieur Lothar Muth gründeten wir die Digital Service Center GmbH.
Was bietet das DSC an?
Von Passbildern und klassischer Porträtfotografie konnten wir nach zwei Jahren nicht mehr existieren. Darum haben wir uns auf die Digitalisierung analoger Bildvorlagen, Negative, Dias und Filme spezialisiert.
Wer sind Ihre Kunden?
Während des Lockdowns haben viele Leute ihre Dachböden und Keller aufgeräumt und uns Schmalfilme, Videokassetten und andere Ton- und Bildträger zum Digitalisieren gebracht. Für Firmen, auch aus Adlershof, übernehmen wir Scanaufträge vom kleinsten Negativ bis zum quadratmetergroßen Bauplan. Ein interessantes und wichtiges Standbein sind Spezialaufträge wie beispielsweise vom Landesdenkmalamt oder vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI). Gerade haben wir einen Auftrag vom DAI, wo wir Planfilme und andere Dokumente, die bei Ausgrabungen in Uruk, Irak, angelegt wurden, digitalisieren. Die Planfilme sind selbstentzündlich, dürfen nicht über 20 Grad gelagert und müssen in Gefahrgutschränken untergebracht werden. Solche Anforderungen kann nicht jeder Scandienstleister erfüllen. Wir haben schon geholfen, Kulturgüter wie die Oasenstadt Palmyra (Syrien) oder die Pyramiden der Königsstadt Meroe im Sudan zu bewahren.
Wie kommen Sie zur Arbeit?
Mit dem Rad oder zu Fuß, quer durch den Landschaftspark Johannisthal/Adlershof. Ich habe ein Faltrad, das kann ich zusammengeklappt auch bequem in Bus oder Bahn mitnehmen, wenn ich zu Kundenterminen muss.
Wer ist Ihr Vorbild?
Da gibt es mehrere. Thor Heyerdahl, ein norwegischer Forschungsreisender und Archäologe, hat mich schon als Kind fasziniert. Sein selbstgebautes Floß „Kon-Tiki“, mit dem er den Pazifik überquerte, habe ich als Modell nachgebaut, fotografiert und das Foto an Heyerdahl gesendet. Bei einem Vortrag an der Berliner Humboldt-Universität lernte ich ihn 1993 auch persönlich kennen. Begeistert bin ich auch vom französischen Meeresforscher Jacques-Yves Cousteau und dem US-amerikanischen Erfinder Thomas Alva Edison.
Wann haben Sie zuletzt etwas Neues gemacht?
Ich lese gern und viel. Analog! Ich will ein Buch in der Hand halten, durch die Seiten blättern. Obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, jemals digital zu lesen, habe ich mir im letzten Jahr einen E-Book-Reader zugelegt. Eine Werbung in einer Computerzeitung hatte mich neugierig gemacht. Mein Fazit: Es hat sich gelohnt.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Ein- oder zweimal in der Woche ist Opa-Tag. Mit meinem Enkel gehe ich dann am liebsten in den Landschaftspark. Dort gibt es Schafe, mehrere Spielplätze und immer etwas zu entdecken. Ansonsten fahre ich viel Fahrrad, auch im Urlaub. Zwei große Radtouren müssen es mindestens im Jahr sein. Mit eigenem Paddelboot zieht es mich zudem oft auf die heimischen Gewässer. Wenig verwunderlich bei meinem Beruf ist auch meine Sammelleidenschaft: Alte Fotoapparate haben es mir angetan. Im DSC sind 30 Stück ausgestellt, noch mal so viele stehen zu Hause in einer Vitrine. Eine Plattenkamera von der Dresdener Firma H. Ernemann gehört zu meinen Schmuckstücken.
Was ist Ihr Zukunftswunsch?
Fürs Fotolabor würde ich einen Großformat-Flachbettscanner kaufen. Damit können bis zu 2,40 × 1,50 Meter große Vorlagen gescannt werden und wir neue Kundenkreise fürs DSC erschließen. Fehlt nur noch der Sponsor. Ein privater Wunsch: Eine Tour mit dem Enkel im Hänger auf dem Europaradweg nach Dänemark.
Das Interview führte Sylvia Nitschke für Adlershof Journal