Im Gespräch mit Franziska Hagos
Lebenskünstlerin und Leiterin des Humboldt-Explorers-Projektes
Nach Vorbildern auf ihrem Karriereweg befragt, muss Franziska Hagos lange überlegen. Auf die Erfahrungen eines Akademiker:innenhaushaltes konnte sie nicht zurückgreifen. Schließlich fällt ihr ein Physiklehrer ein, der sie „wahnsinnig geprägt und immer an sie geglaubt“ habe. Der Lebenslauf der wissenschaftlichen Mitarbeiterin in der Didaktik der Physik der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) ist nicht der klassische, geradlinige, und doch passt jeder ihrer Schritte für sie persönlich. „Das sind Erfahrungen, die ich nicht missen möchte,“ sagt die Mutter einer vierjährigen Tochter. Derzeit arbeitet Franziska Hagos an ihrer Dissertation und möchte als eine von zwei Leiterinnen des Humboldt Explorers-Projekts selbst Schülerinnen und Schüler für Naturwissenschaften begeistern.
Adlershof Journal: Woher kommt Ihr Interesse an Naturwissenschaften?
Franziska Hagos: Das war schon immer da. Ich habe im Abitur Physik als Leistungskurs gewählt und auch Mathematik hat mich schon immer interessiert.
Sie haben sich dann aber trotzdem erst einmal gegen ein naturwissenschaftliches Studium entschieden?
Ja, in meiner Familie galt eine Ausbildung als der solide und sichere Weg nach der Schule. Ich habe eine Lehre zur Großhandelskauffrau gemacht und danach im Büro und in einer Autovermietung gearbeitet. Ziemlich schnell merkte ich, dass mich das nicht erfüllt. Schließlich bin ich in Rom als Praktikantin in einem Kindergarten gelandet. Die Arbeit mit den Kindern hat mir viel Spaß gemacht. Im Laufe der Zeit war da dann doch wieder der Gedanke an ein Studium. Ich mochte Mathe, ich hatte Italienisch gelernt: Diese Kombination auf Lehramt an der HU sollte es sein. Blieb es aber nicht, weil ich erkannte, dass das Sprachstudium mir doch nicht so liegt. Also wechselte ich in die Physik und machte 2017 hochschwanger meinen Master.
Aber Sie sind heute keine Lehrerin, sondern arbeiten an der Universität.
Ich habe noch mit Baby mein Referendariat an einer Schule begonnen und konnte beides nicht gut vereinbaren. Es war einfach zu anstrengend. Ich habe mich also neu orientiert und eine Zeit lang als Redakteurin für eine Online-Lernplattform gearbeitet, bis mich mein ehemaliger Professor auf meine jetzige Stelle hinwies. Eine glückliche Fügung, weil ich hier auch mit jungen Menschen arbeiten kann.
Gemeinsam mit einer Kollegin der Fachdidaktik Biologie konzipieren Sie ein Schulprojekt der HU, die Humboldt Explorers, neu.
Humboldt Explorers ist das Nachfolgeprojekt des Humboldt Bayer Mobils. Die HU, die Bayer Science and Education Foundation und die Stiftung Humboldt-Universität geben hier Kindern und Jugendlichen von der 5. bis zur 12. Klasse die Möglichkeit, biologische und physikalische Phänomene aus ihrer Umgebung zu untersuchen, die erfassten Daten anschließend auszuwerten und zu modellieren.
Was unterscheidet das Projekt vom schulischen Lernen?
Ich glaube, dass außerschulisches Arbeiten noch einmal ganz anders Interesse für Naturwissenschaften wecken kann. Wir wollen uns Themenfeldern wie Stadtumgebung und Stadtökologie widmen und dokumentieren zum Beispiel Artenvielfalt, Geräuschpegel oder Luftqualität. Das ist nah am Leben der Kinder und Jugendlichen. Nicht zuletzt ist da die Relevanz ihrer eigenen Arbeit: Alle Daten stehen anschließend weiteren Forschungen zur Verfügung und leisten einen Beitrag zu Citizen Science. Ich hoffe sehr, dass wir 2022 endlich an die Schulen gehen können und mit dem Projekt richtig durchstarten. Junge Menschen für Naturwissenschaften zu begeistern, finde ich sehr wichtig.
Worin finden Sie einen Ausgleich zu Ihrer Arbeit?
Ich spiele gelegentlich Tischtennis und fühle mich auf dem Tempelhofer Feld wohl. Mein absoluter Lieblingsort im Alltag ist der Landwehrkanal in Neukölln. An den Wochenenden besuche ich mit meiner Tochter sehr gern zwei Freundinnen, die einen Alpaka- und Eselhof betreiben. Überhaupt schätze und pflege ich Freundschaften in meinem Leben.
Peggy Mory für Adlershof Journal