Im Gespräch mit Virág Major-Kremer
Die Kulturmanagerin betreut vier Bienenvölker am Zentrum für Mikrosysteme und Materialien
Im Garten des Zentrums für Mikrosysteme und Materialien (ZMM) leben auf leuchtend gelben Hochsitzen vier Honigbienenvölker. Sie wurden 2013 im Rahmen des Kunstprojekts „smart systems“ angesiedelt, da sie als perfektes Modell für vernetzte Mikrosysteme dienen. Seit 2019 betreut Virág Major-Kremer, Kulturmanagerin und Forscherin in Berlin und Budapest, die Bienen am ZMM. Sie arbeitet im Hauptberuf am Haus der Kulturen der Welt und interessiert sich insbesondere für Kunst als Bildung, das Anthropozän, Nachhaltigkeit und neue Perspektiven auf die Wissenschaft („Sciences after Sciences“).
Adlershof Journal: Wie sind Sie zur Imkerei gekommen?
Virág Major-Kremer: Eine Freundin hat 2013 in Budapest das Kunstprojekt „Social Honey“ betreut. Es ging darum, was der Mensch von Bienen und ihrer perfekt demokratischen Organisation gesellschaftlich lernen kann. Das hat mich begeistert. Wir haben dann in einer Gruppe von 20 Leuten imkern gelernt, zu einer Zeit, in der die Stadtimkerei noch gar nicht bekannt war.
Was fasziniert Sie an Bienen?
Es ist genau dieses ausgeklügelte System eines Bienenstaates, das ein gemeinsames Ziel – das Überleben des Volkes – hat. Bienen können Informationen codieren und entschlüsseln, haben individuelle Aufgaben, die der Gesamtheit dienen: Ich will verstehen, wie sie funktionieren und auch wie sie reagieren, wenn ich mit ihnen interagiere. Ich mag die körperliche Arbeit, die ich als Imkerin habe, das ist ein guter Ausgleich zu meiner geistigen Arbeit, die überwiegend am Rechner stattfindet. Außerdem lerne ich als Imkerin die Natur kennen, nehme die Jahreszeiten zum Beispiel sehr bewusst wahr.
Seit wann betreuen Sie die Bienenvölker im Garten des Zentrums für Mikrosysteme und Materialien (ZMM)?
Als ich nach Berlin gekommen bin, war ich auf der Suche nach eigenen Bienenvölkern. Ich bin über meine Arbeit in Kontakt mit der Künstlerin Erika Mayr gekommen, deren vier Völker in Adlershof ich 2019 übernehmen konnte. Außerdem betreue ich privat noch Bienen in Pankow, wo ich wohne. Die Imkerei ist ein wunderbares Hobby, das ich auch gut meiner dreijährigen Tochter vermitteln kann.
Wie oft sind Sie bei den Bienen und wie müssen sie versorgt werden?
Das ist stark abhängig von der Jahreszeit. Im Winter bin ich seltener bei den Bienen und öffne auch ihre Häuser nach Möglichkeit nicht. Bienen benötigen eine konstante Temperatur von etwa 37 Grad, damit sich das Volk entwickeln kann. Im Frühsommer sehe ich wöchentlich nach ihnen, auch um zu verhindern, dass sie in der Schwarmzeit ihren Stock verlassen. Diese Zeit eignet sich dazu, Ableger zu bilden, um die Völker zu vermehren, dabei die Schwarmlust zu verringern und Verluste des Winters zu ersetzen. Ab Mitte Juli ist die Saison vorbei und ich schaue, dass die Bienen und ihr Stock gesund über den Winter kommen.
Wie geht es den Honigbienen in der Stadt?
Den Stadtbienen geht es gut. Sie finden ausreichend Pollen und Nektar, weil die Artenvielfalt an pflanzlicher Nahrung groß ist. Die Städter gärtnern auf den kleinsten Flächen, auf Balkonen und in Schrebergärten, es gibt viele unterschiedliche Bäume …
Bienen auf dem Land haben es schwerer, sie sind auf spezielle Pollen angewiesen, die wegen der Monokulturen in der Landwirtschaft und zunehmenden Flächenversiegelungen weniger zur Verfügung stehen.
Wie viel Honig ernten Sie von den ZMM-Bienen?
Im letzten Jahr waren das 75 Kilogramm. Einen Teil benötigen die Bienen als Nahrung im Winter und einen Teil bekommen die Unternehmen im Technologiezentrum.
Peggy Mory für Adlershof Journal