Im Gespräch mit Yvonne Dertinger, Trainerin für interkulturelle Kompetenz
Nicht nur Sprache sondern auch interkulturelle Unterschiede vermittelt die viadrina sprachen GmbH in Adlershof
Sprachcoaches sind nicht selten, aber trotzdem gefragt. Es sind die Nuancen einer Sprache, die im persönlichen Austausch gelernt werden, sagt Yvonne Dertinger. Sie unterrichtet seit 13 Jahren Deutsch als Fremdsprache, inzwischen auch in der Kombination „Fachdeutsch Technik“. Seit Mai letzten Jahres ist sie für die viadrina sprachen GmbH, eine Tochter der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) tätig, die auch eine Dependance im Technologiepark Adlershof hat. Dertinger hat an der Berliner Humboldt-Universität Anglistik, Amerikanistik, Russisch und Soziologie studiert. Schon als Schülerin hat sie sich für Sprachen begeistert und etwas getan, was vor 30 Jahren durchaus verbreitet, heute allerdings eine Rarität ist: Sie verschickte handgeschriebene Briefe in die ganze Welt. Der Zauber, den Sprachen und fremde Kulturen auf sie ausüben, hat bis jetzt nicht nachgelassen.
Adlershof Journal: Was bietet die viadrina sprachen GmbH in Adlershof an?
Yvonne Dertinger: Neben der klassischen Sprachvermittlung sind das Kommunikationstrainings, Konfliktmanagement, Diversity Management und Coaching.
Welche Zielgruppen stehen dabei im Fokus?
Das sind ganz unterschiedliche Gruppen, die eine globalisierte Welt mit sich bringt. Adlershof ist ein internationaler Standort. In vielen Unternehmen und Instituten wird Englisch gesprochen, Produkte werden weltweit verkauft, internationale Kongresse besucht, Forschungsaufenthalte geplant. Deutsche Muttersprachler wollen ihre Sprachkenntnisse einer Fremdsprache vertiefen, Zugereiste und Gastwissenschaftler Deutsch lernen, um sich auch außerhalb der Arbeit besser zu integrieren. Wichtig sei es, interkulturelle Unterschiede zu kennen. Das gilt sowohl für Personen, die internationale Teams führen, als auch für Vertriebler, die Kunden in verschiedenen Ländern haben.
Woher kommt Ihre Sprachenleidenschaft?
Mit 13 Jahren las ich in der Zeitung eine Annonce über einen in Irland gegründeten internationalen Briefklub. Dort bekam ich die ersten 20 Adressen. Ganze Nächte habe ich als Schülerin durchgeschrieben, hauptsächlich auf Englisch, ein paar russische Briefe waren auch dabei. Fünf bis zehn Seiten lang waren die handgeschriebenen Briefe, schön gestaltet die Umschläge mit kleinen Geschenken drin wie Postkarten, Fotos, Münzen, Flaggen. Auf insgesamt 40 Brieffreundschaften aus der ganzen Welt kam ich in den Folgejahren. Einige pflegte ich über zehn Jahre, einige Brieffreundinnen lernte ich persönlich kennen. Heute habe ich noch über Facebook Kontakt zu einer Amerikanerin, die jetzt in China lebt, und zu einer Engländerin.
Woher kommt das Technikinteresse?
Ich habe mehr als drei Jahre an der Technischen Hochschule Wildau das Modul „Fachdeutsch Technik“ unterrichtet. Da habe ich ganz viel über Technik gelernt, musste mich immer wieder in neue Arbeitsgebiete einarbeiten, um die Fachtermini zu durchdringen. Auch von den Kursteilnehmenden, die mir ihre Tätigkeiten und Forschungsarbeiten erklärt haben, lernte ich viel.
Unterrichten Sie einzeln oder in Gruppen, digital oder analog?
All das. Einzelunterricht ist für mich die Kür, weil ich hier ganz intensiv auf mein Gegenüber eingehen kann. Ich coache momentan einen türkischen Literaturprofessor, der sich auf eine Präsentation über seine Forschungen auf Deutsch vorbereitet. Wir diskutieren über seine Inhalte, damit er auch die richtigen Worte zwischen den Zeilen findet. Digitalunterricht ist in Corona-Zeiten besonders angesagt, ansonsten stehe ich aber am liebsten direkt vor den Lernwilligen.
Welche Lernmethoden bevorzugen Sie?
Das hängt vom Lerntyp ab. Meist ist es eine Kombination von Hören, Sprechen, Schreiben. Ich lasse gern Zeitungsartikel bearbeiten und Kurzgeschichten lesen, baue aber auch praktische Aufgaben ein. Mit Medizinern habe ich zum Beispiel die stabile Seitenlage geübt. Ein anderes Mal habe ich im Unterricht die Yogamatte ausgerollt. Sprache und Bewegung gehören für mich zusammen. Daher empfehle ich beim Sprachen lernen, ein paar Schritte zu gehen. Und Lernkärtchen schreiben und in die Hosentasche stecken, um jederzeit wiederholen zu können.
Wann haben Sie zuletzt etwas Neues gemacht?
Ich habe eine Ausbildung als Trainerin für interkulturelle Kompetenzen bei artop (An-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin/Anm. d. Red.) gemacht.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Über meine jetzt achtjährige Tochter bin ich vor drei Jahren wieder zum Reiten gekommen. Wir sind beide Mitglieder im Reitverein SG Zeuthen-Wüstemark und haben auch eine Reitbeteiligung. Ich an einer Haflinger-Stute und meine Tochter an einem Deutschen Reitpony. Das bedeutet nicht nur Ausritte, sondern auch regelmäßige Mitarbeit auf dem Pferdehof. Dazu gehören Boxen ausmisten, Pferde striegeln und füttern oder den Hof zu harken. Meine zweite Leidenschaft ist das Reisen, egal ob Städte- oder Fernreisen. Außerdem horte ich Bücher, ich liebe es zu lesen. Vorrangig amerikanische und englische Literatur – Paul Auster ist mein Lieblingsschriftsteller –, aber auch ganz viele Fachbücher.
Das Interview führte Sylvia Nitschke für Adlershof Journal