Im Zeichen der Eule
Filmfestival für Humor & Satire
Mit Hochdruck arbeite man an der Vorbereitung der 39. Eulenspiegeleien, einem ganz besonderen Filmfestival, „und suche zu diesem Zweck im Januar diesmal die WISTA, die ‚Wissenschaftsstadt’, in Berlin-Adlershof heim.“ So meldet es das „Humor und Satire“-Zentralorgan der Eulenspiegeleien in seinen „EulenNjuhus“. „Das passt sehr gut,“ meint Ralf Köthnig, der Cheforganisator. „Denn schon im alten Griechenland galt die Eule als der Vogel der Weisheit.“
Der Filmmeldebogen ist mit äußerster Präzision auszufüllen. Filme dürfen nicht älter als drei Jahre und maximal 20 Minuten lang sein. Allerdings: Im Falle hoher künstlerischer Meisterschaft kann der Veranstalter Abweichungen von den Vorgaben gestatten. Das sind die Regeln. Nicht ganz ernst gemeint, es geht schließlich um Humor und Satire. Die hohe künstlerische Meisterschaft beurteilen fünf Juroren. Mit Kellen. Sie vergeben die Noten von eins bis sechs, wie beim Eiskunstlaufen. Wer 30 Punkte auf den Kellen serviert bekommt, kann sich berechtigte Hoffnungen auf die „Eule“, den Hauptpreis des Festivals, machen. Der wird zwar vom Publikum vergeben. Diskrepanzen zwischen Jury-Bewertungen und Publikumswahl, sagt Ralf Köthnig, selbst begeisterter Hobby-Filmer, sind jedoch höchst selten.
Wer das Ganze nur für ein Jux-Festival hält, der irrt. Schon Andreas Dresen, preisgekrönter Filmemacher und jüngst zum Brandenburger Landesverfassungsrichter bestellter Regisseur von so bekannten Streifen wie „Halbe Treppe“, „Sommer vorm Balkon“ oder „Halt auf freier Strecke“, hat hier einen seiner ersten Filme – „Der kleine Clown“ – vorgestellt.
Die Eulenspiegeleien sind ein offenes, internationales, nicht kommerzielles Amateurfilmfestival für Humor und Satire. Angefangen hatte alles am 17. Oktober 1965 im Kreiskulturhaus in Aue im Erzgebirge. Hans-Werner Tzschichhold von der Redaktion der Zeitschrift „Eulenspiegel“ hatte den Amateurfilmwettbewerb für Humor und Satire mit ins Leben gerufen. Er ist heute – mit 86 Jahren – immer noch dabei. Der Verein der Film- und Videoamateure Berlin e. V. (FiViA) ist Ausrichter des inzwischen in Berlin etablierten internationalen Treffens nicht professioneller Filmenthusiasten.
70 Filmamateure sahen bei der Erstauflage 20 eingereichte Schmalfilme. Jährlich wurden es mehr und ab 1974 musste der Wettbewerb in der Bezirksstadt Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) durchgeführt werden, weil inzwischen über 300 Teilnehmer Platz brauchten. Selbst den nicht gerade humorvollen Wechsel vom Sozialismus zur Marktwirtschaft überlebte das Festival. Vor 20 Jahren wurden die Eulenspiegeleien sogar zum offiziellen Sonderwettbewerb des Bundesverbandes Deutscher Filmautoren e. V. (BDFA) ernannt. Jetzt steht das Festival auch unter dem Patronat der UNICA, dem Weltverband nicht kommerzieller Filmer.
Nach einem Zwischenstopp im brandenburgischen Bad Saarow finden die Eulenspiegeleien seit nun zwei Jahrzehnten im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick statt. Jährlich werden fast 100 Kurzfilme aus aller Welt eingereicht, reisen etwa 200 Filmenthusiasten aus allen Bundesländern und dem europäischen Ausland an. Vom 18. bis 20. Januar 2013 treffen sie sich erstmals im Adlershofer Bunsensaal.
Humor, findet Köthnig, der seit der 26. Ausgabe die Eulen-Fäden organisatorisch in der Hand hält, ist eine universelle Sprache. Ob humoristischer und satirischer Spiel-, Dokumentar- oder Animationsfilm: Die Themen sind so vielfältig wie die Herangehensweisen der Regisseure. Vom sprichwörtlichen schwarzen englischen Humor über die polnische Politpersiflage auf die „Durchführung einer Versammlung“ bis zur französischen Tragikomödie über die „Beerdigung eines Clowns“.
Am 18. Januar startet das Festival mit dem schon traditionellen Kabarettabend. Auf der Bühne: Distel-Urgestein Gert Kießling und Dagmar Gelbke – lange Bühnenpartnerin der nicht unlustigen Helga Hahnemann. Am Samstag ist Kinotag mit anschließendem Faschingsball, am Sonntag wird nach der Besichtigung des Adlershofer Windkanals zum Abschied komprimierte Berliner Luft verteilt. Aber das ist sicher nur ein Witz.
Von Rico Bigelmann für Adlershof Journal