In Prozesse eintauchen
Analysemethoden in der Bioanalytik
Ob vom Inneren der Zelle oder von Dunstschwaden in der Atmosphäre – moderne Analysemethoden zeichnen Bilder von Innen- wie von Umwelten. Und sie werden immer präziser und schneller.
„Ohne analytische Chemie gäbe es die moderne Klimaforschung nicht“, hieß es im März auf der Konferenz für Analytische Chemie ANAKON in Zürich. Moderne Techniken der Atmosphärenchemie machen nicht nur präzise Aussagen über die Zusammensetzung der Luft, sondern ermitteln auch die Herkunft bestimmter Stoffe. Zu verdanken ist das neuartigen Online-Aerosol-Massenspektrometern. Damit kann beispielsweise die Verteilung polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe untersucht werden, die bei Verbrennungsprozessen entstehen, aber auch der Einfluss von Jodverbindungen – die von Algen im Phytoplankton produziert werden – auf den Ozonabbau.
In der Bioanalytik seien die Analysemethoden von DANN „dramatisch“ schneller geworden, sagt Michael Linscheid, Leiter des Labors für Angewandte Analytik und Umweltchemie der Humboldt-Universität zu Berlin. „Die Analyse-Technologien für eine personalisierte Medizin stehen bereits zur Verfügung.“ Darüber hinaus habe die Weiterentwicklung der Massenspektrometrie dazu geführt, dass heute nicht mehr einzelne Proteine, sondern ganze Protein-Komplexe und ihre Interaktionen in Netzwerken untersucht werden können. Doch erst mithilfe von Bioinformatik und mathematischen Modellierungstechniken werden die Daten sinnvoll und interpretierbar. „Mathematik und Bioinformatik erlauben uns immer präzisere Vorhersagen“, so Linscheid. Das gelte für die Biologie, wo Grundlagenprozesse immer besser erfasst und dargestellt werden. Aber auch für die umweltanalytische Modellierung von Verteilungsprozessen in der Luft oder in den Materialwissenschaften, zum Beispiel beim Verständnis katalytischer Prozesse. Wie Enzyme arbeiten, kann zukünftig mit Synchrotronstrahlung sichtbar gemacht werden.
Ein weiterer Trend ist, selektive und spezifische Nachweismethoden zu koppeln, um mit kleineren Probenmengen ein immer schärferes Trennen der Analyten zu ermöglichen. „Das Ziel, jedes Molekül in einer Probe zu detektieren und zu zählen, ist natürlich unerreichbar“, sagt Prozessanalytiker Michael Maiwald von der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Adlershof. Es ist wichtig, möglichst früh in der Prozesskette direkte Messungen durchzuführen. Denn nur bei ständiger Verlaufskontrolle einer Produktion kann rechtzeitig gelenkt und eingegriffen werden, sagt Maiwald: „Wir wollen in den Prozess eintauchen – wie bei Google-Street-View.“
von Sascha Karberg