Jägersbraut und Queen of Scream: Kinofitter Ton aus Johannisthal
Kaspar und Max sind Jäger, sie kämpfen in den Napoleonischen Kriegen. Und sie kämpfen um die Liebe Agathes. Ihre Geschichte hat Carl Maria von Weber vor fast 200 Jahren unter dem Arbeitstitel „Die Jägersbraut“ mit unsterblicher Musik geschmückt, heute weltbekannt als „Der Freischütz“. Nun kommt die Geschichte als aufwendiger Opernfilm „Hunters Bride“ auf die große Leinwand. Der Ton dafür wird von Musiktonmeister Michael Kaczmarek in Johannisthal kinofit gemacht.
Musikfilme sind eine Leidenschaft der Tonmeister von der K13 Kinomischung. Gerade lief mit „No one knows the Persian Cat“ ein weiterer Musikfilm des Unternehmens auf dem Filmfest in Cannes. Für „Hunters Bride“ wurde im August 2009 unter der Regie von Jens Neubert sechs Wochen an Originalschauplätzen vor dem historischen Panorama von Schloss Moritzburg und der malerischen Kulisse der Sächsischen Schweiz gedreht. Die Tonaufnahmen mit dem London Symphony Orchestra und dem Rundfunkchor Berlin waren bereits im Juli abgeschlossen worden.
Ton wirkt auf der emotionalen Ebene
Man kann mit filmischen Mitteln vieles zeigen und verdeutlichen, was auf der Bühne nicht möglich ist. „Beim Filmton“, sagt Michael Kaczmarek, „ist das anders.“ Ton wirkt im Gegensatz zum Bild eher unterbewusst, auf der emotionalen Ebene. Opernkenner und Theaterbesucher hätten eine gewisse Hör-Erfahrung aus Opernhäusern und Theatersälen, aber auch von CD-Aufnahmen. Der Gesang in geschlossenen Räumen hat eine besondere Akustik mit Hall und Schallreflektion. „Das funktioniert aber in einem Musikfilm nicht, weil optische und akustische Wahrnehmung dann nicht zusammenpassen.“
Kinoschwenk mit „Alle, Alle“
Kaczmarek ist studierter Musiktonmeister und hat schon so ziemlich alles gemacht, was zum „guten Ton“ gehört – Konzertübertragungen für das Deutschlandradio, Beschallung bei Klassik-Open-Air-Veranstaltungen, Synchronisation in Babelsberg und jede Menge Musik im K13 Studio im traditionsreichen Funkhaus Nalepastraße, aus dem bis 1990 der Rundfunk der DDR sendete. Den großen Schritt ins Kino wagte er 2007, gründete die K13 Kinomischung in Berlin-Johannisthal. Ein guter Standort, sagt Kaczmarek, hier stand die Wiege des deutschen Tonfilms, wurden in den 20er- und 30er-Jahren des vorigen Jahrhunderts 400 Filme gemacht, darunter Meisterwerke wie „Nosferatu“. Alle Filme für das DDR-Kino wurden in Johannisthal synchronisiert. Auslöser für Kaczmareks Schwenk ins Kino war der Film „Alle, Alle“ von Pepe Planitzer, der bei der Berlinale 2008 lief und den er „mischte“ und koproduzierte.
Ein Schritt, der Mut erforderte, denn in Berlin konzentriert sich die Filmbranche. Dementsprechend hart ist der Konkurrenzkampf. Auch deswegen entstand die Idee einer kompakten Kinomischung mit hohen Qualitätsansprüchen. Fortschritte in der Integration digitaler Tontechnik in den Prozess der Filmmischung machen es möglich. Dass das, was man im Studio hört, auch das ist, was im Kino zu hören sein wird, dafür sorgt das Dolby-Digital- Siegel. Um es zu erhalten, sind bestimmte Standards für die technische Ausstattung, das Beschallungssystem oder die Anordnung der Lautsprecher festgelegt.
Foley-Artist bringt „Leben in den Film“
Jörg Theil, der in Babelsberg Filmton studierte, ist Mitgründer und Mitgesellschafter des Studios und kümmert sich bei K13 um den O-Ton und das Sounddesign. Der O-Ton ist der Originalton, der am Filmset aufgenommen wird, aber nicht ausreichend ist für einen Spielfilm. „Am Set“, sagt Theil, „sollte der Dialog der Schauspieler so gut wie möglich aufgezeichnet werden.“ Aber selbst diese Aufzeichnung hat oft unvermeidliche Störgeräusche. Im Studio werden diese O-Ton-Aufnahmen dann bearbeitet und ergänzt. Das Sounddesign schafft Atmosphären, vom Vogelgezwitscher bis zum stürmischen Wind. Der Foley-Artist, ein Geräuschmacher, liefert aus einer „Foley-Stage“ alle Geräusche zu den Bildern auf der Leinwand. Er ist besonders wichtig, sagt Theil. Er bringt „Leben in den Film“. Jedes Geräusch, jede „Atmo“ wird auf einer Tonspur aufgezeichnet. 200 Spuren hat ein durchschnittlicher Spielfilm. Bis zu 500 können Kaczmarek und Theil an der „großen Mischung“ aufzeichnen – einem Pult vor der Leinwand mit unzähligen Knöpfen, Reglern und Schaltern.
Im nächsten Film geht es weniger musikalisch zu. In „Zimmer 205“ – einem klassischen College-Horror-Movie wird wohl mehr geschrien.
von Rico Bigelmann