Jutta Schwarzkopf im Gespräch
Kristallzüchterin mit Bewegungsdrang
Sie ist Physikerin, Materialforscherin, Kristallzüchterin. Die sportliche Mitvierzigerin Jutta Schwarzkopf will die Welt schadstofffreier machen, ein bisschen zumindest. Dafür lässt sie am Leibniz-Institut für Kristallzüchtung (IKZ) kristalline Schichten – so dünn wie ein Tausendstel eines Haares – wachsen. Mit Berlin ist sie allerdings auch nach 18 Jahren nicht richtig warm geworden, sagt die in Duisburg geborene Fußballbegeisterte und ambitionierte Läuferin. Als zweifache Mutter managt sie Job und Familie souverän.
Adlershof Journal: Woran forschen Sie momentan?
Jutta Schwarzkopf: In unserer Arbeitsgruppe arbeiten wir an der Entwicklung neuer Materialien, die das giftige Blei-Zirkonium-Titanat (PZT), das etwa als nichtflüchtiges Speichermaterial in Computern und Einspritzsystemen von Autos verwendet wird, ersetzen könnten. PZT ist seit 2006 in Europa zwar verboten, wird aber mangels Alternativen mit Ausnahmegenehmigungen immer noch verwendet.
Dazu lassen Sie dünne Schichten wachsen?
Ja, wir züchten Alkali-Niobate als Schichten, in die wir Verspannungen eingebaut haben. Diese entstehen durch Abscheidung einer dünnen kristallinen Schicht auf einem gitterfehlangepassten kristallinen Substrat. Damit ist es uns gelungen, bleifreie Kalium-Natrium-Niobat-Schichten mit guten funktionellen Eigenschaften aufzuwachsen.
Büro oder Labor – wo verbringen Sie die meiste Zeit?
Als Gruppenleiterin gibt es viele administrative Aufgaben, Messungen müssen ausgewertet und Anträge und Veröffentlichungen geschrieben werden, sodass ich heute größtenteils im Büro und nur noch relativ wenig im Labor bin.
Seit wann arbeiten Sie in Adlershof?
Das sind jetzt 18 Jahre. Nach meiner Doktorandenzeit am Fritz-Haber-Institut war ich erst als Postdoc am Hahn-Meitner-Institut, das im heutigen Helmholtz-Zentrum Berlin aufgegangen ist. Seit 2004 forsche ich am IKZ.
Ihr Lieblingsort in Adlershof ist …
… der Landschaftspark. Manchmal gehe ich in meiner Mittagspause dort eine Runde spazieren.
Wie kommen Sie zur Arbeit?
Ich fahre mit der S-Bahn bis Schöneweide und von dort mit dem Fahrrad bis zum IKZ.
Wann haben Sie zuletzt etwas Neues ausprobiert?
Letzten Sommer auf Korsika war ich mit meiner Familie beim Canyoning. Erst klettert man eine Schlucht hoch, dann springt, rutscht und seilt man sich über ausgewaschene Felswände und Wasserfälle ab. Trotz Neopren-Anzug war es ein eiskaltes Vergnügen.
Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?
Mit zwei Kindern ist die gut gefüllt. Außerdem gehe ich regelmäßig laufen und nehme seit ein paar Jahren am Berliner Halbmarathon teil. Nur dieses Jahr war ich nicht dabei, ich hatte keinen Startplatz mehr bekommen. Dafür laufe ich am 10. Mai die 25 km beim BIG 25 Berlin mit. Außerdem lese ich gern und viel. Manchmal auch nachts, wenn ich nicht schlafen kann. Einer meiner Lieblingsautoren ist Paul Auster, ein US-amerikanischer Schriftsteller.
Wofür können Sie sich begeistern?
Ich mag Fußball; mit 16 Jahren fing ich an, im Verein zu spielen. Während meiner Doktoranden- und Postdoc-Zeit bis Anfang 2000 habe ich als Mittelfeldspielerin im Mariendorfer Sportverein gekickt. Seitdem ich Kinder habe, betreibe ich weniger verletzungsintensive Sportarten. Fußballfan bin ich vom MSV Duisburg, der leider nur in der 3. Liga spielt.
Was hat Sie zuletzt wirklich bewegt?
Der Flugzeugabsturz der Germanwings-Maschine Mitte März über den Alpen in Südfrankreich ging mir nah. Furchtbar, dass so viele Schüler dabei umgekommen sind. Als mein Sohn kurz danach allein wegflog, hatte ich schon ein wenig ein mulmiges Gefühl, auch wenn der Verstand sagt, dass das Flugzeug das sicherste Verkehrsmittel ist.
Wohin würden Sie auswandern, wenn das einmal ein Thema werden sollte?
Nach Frankreich, dorthin haben wir eine besondere Beziehung. Mein Mann ist Deutscher, spricht aber wie ein Muttersprachler Französisch. Mit unseren Kindern redet er ausschließlich Französisch. Daher wachsen sie zweisprachig auf, gehen auch auf eine bilinguale Schule. Ich verstehe viel Französisch und höre viel französische Musik.
Das Gespräch führte Sylvia Nitschke für Adlershof Journal