Kein Start ohne Kapital
Wie TraceWave zu Venture Capital Gebern kommt
Technologiegründer brauchen risikobereite Geldgeber. In der Frühphase können das Angehörige, Freunde oder Business Angel sowie Förderbanken und der halbstaatliche Hightech-Gründerfonds sein. Spätestens in der Wachstumsphase sind dann größere Finanzierungen mit Venture Capital (VC) angesagt. Doch die wollen gut vorbereitet sein.
Ortstermin im Charlottenburger Gründerzentrum CHIC. Tür an Tür arbeiten hier Dutzende Gründerteams am Aufbruch ins Unternehmertum. Einer dieser Gründer ist Corné van Puijenbroek. Das kleine Reich seiner TraceWave GmbH besteht aus zwei Reihen von Schreibtischen, übersät mit Platinen, Werkzeugen und elektronischen Komponenten. Der Niederländer gründet nicht zum ersten Mal. Diverse Start-ups gehen auf seine technischen Ideen zurück. Er war drei Jahrzehnte in Elektronikkonzernen tätig, ist als Berater um den Globus geflogen. Nun ist er zum Gründen nach Berlin gekommen. Das Umfeld sei hier risikobereit, sagt er. Für ihn die zentrale Voraussetzung, um eine neue Technologie zu etablieren.
Ortung in Gebäuden und im Freien
TraceWave entwickelt Chips samt eigener Funktechnik zur relativen Ortung in Gebäuden und im Freien. Zwei Mikrochips reichen aus, um die Richtung und Distanz von Objekten zu bestimmen. Ohne Satellitensignale oder sonstige Infrastruktur. Wer einen Chip bei sich trägt, findet den Weg zum anderen oder empfängt ein Signal, sobald dieser sich aus dem Funkbereich bewegt. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig: Ortung von Demenzkranken, Kindern oder von Haustieren. Diebstahlschutz für Fahrräder. Das große, weite Feld der Logistik. „Wir werden Partnern die Basistechnologie liefern und sie bei der Integration in ihre Systeme unterstützen“, sagt van Puijenbroek.
„Family, friends & fools“ als Frühphasenfinanzierung
Während er bei bisherigen Gründungen den technischen Part übernahm, ist der Wahlberliner bei TraceWave auch Stratege, Unternehmensentwickler und Geschäftsführer. Er betritt Neuland. Das gilt auch für die Finanzierung. Bisher läuft es gut. Eigenes Kapital und Beteiligungen vermögender Freunde werden bis zur Realisierung eines funktionsfähigen Prototyps reichen. „Family, friends & fools“ sind eine gängige Finanzquelle in der Frühphase. Auch Business Angel, Landes- und Mittelstandsbanken, staatliche Programme wie EXIST oder der vom Bund und privaten Unternehmen getragene Hightech-Gründerfonds (HTGF) stellen Gründern Mittel bereit, um flügge zu werden.
Als erfahrener Gründer weiß van Puijenbroek allerdings, dass er sich auf dem Glück der vergleichsweise einfachen Frühphasenfinanzierung nicht ausruhen darf. Denn die wirklich schwierige Hürde kommt, sobald er seine Chips breiter in den Markt streuen will. Auf etwa vier Millionen Euro schätzt er den dann fälligen Finanzbedarf. Solche Summen sind nichts mehr für Freunde, sondern ein Fall für professionelle Venture-Capital- (VC-) Gesellschaften.
Qualifiziert für den European Venture Summit
Doch die sind hierzulande vergleichsweise dünn gesät. Van Puijenbroek blickt auf Finanzierungsrunden früherer Start-ups zurück, an denen VC-Geber aus Belgien, Großbritannien, den USA und Taiwan beteiligt waren. Auch diesmal reicht sein Fokus über Deutschland hinaus. „Das beginnt mit englischen Webseiten, geht damit weiter, dass ich meine internationalen Netzwerke über TraceWave auf dem Laufenden halte, und endet nicht damit, dass ich über Workshops und Wettbewerbe schon jetzt aktiv Kontakt zu Investoren suche“, erklärt er. Unter anderem hat er im CHIC das Coaching des EU-geförderten European Mobile & Mobility Investment Programme besucht, das Gründer und Investoren zusammenbringt. Van Puijenbroek hat über das Programm an einem Wettbewerb in Thessaloniki teilgenommen und sich mit seiner Präsentation unter 101 Gründern aus 27 Ländern durchgesetzt. Damit ist er für das European Venture Summit qualifiziert, wo er im Dezember vor gut 120 VC-Investoren seine Geschäftsidee präsentieren darf.
„Für mich ist das nur ein Kanal, um den richtigen Investor für TraceWave zu finden“, sagt er. An ihn hat van Puijenbroek durchaus Ansprüche. Etwa, dass dieser mit Halbleitertechnik und Hardwaregeschäftsmodellen vertraut ist. Der Gründer wird weltweit nach ihm suchen – und ist zuversichtlich, ihn auch zu finden.
Von Peter Trechow für Adlershof Journal