Kneten und Korrelieren
Drug-Delivery-Systeme der Adlershofer Firma TheraKine funktionieren wie Trojanisches Pferd
Ein bisschen geht es in Andreas Voigts Laboren zu wie in einer Pralinen-Manufaktur: Pulver werden zusammengeschüttet, vermengt und mit den Händen verknetet. Statt auf eine geschmackliche Explosion zielt diese Produktion auf eine langsame und kontrollierte therapeutische Wirkung. In der 2009 gegründeten Firma TheraKine stellt Voigt mit drei Mitarbeitern sogenannte Drug-Delivery-Systeme her.
Sie funktionieren wie ein Trojanisches Pferd, das als Medikamentendepot dient: In eine cremige Substanz sind winzige Partikel medizinischer Wirkstoffe eingearbeitet. Sie werden so in den menschlichen Körper eingeschleust, gezielt dorthin, wo ihre Wirkung gebraucht wird. Die Körperflüssigkeiten lösen die biologisch abbaubare Matrix – die Trägersubstanz – langsam auf, sodass die Wirkstoffe erst nach und nach frei werden.
„Die Medikamente werden zum Beispiel durch Spritzen gezielt platziert, daher kann im Gegensatz zu anderen Einnahmeformen viel geringer dosiert und Nebenwirkungen begrenzt werden“, erläutert Voigt die Vorteile. Außerdem sei durch die Matrix mit einer einzigen Behandlung eine lang anhaltende Wirkung möglich und damit beispielsweise ein tägliches Spritzen an empfindliche Stellen wie dem Auge überflüssig. TheraKine hat seine Drug-Delivery Systeme patentieren lassen. Ihre Wirkweise haben sie bereits bei der Therapie von Augenerkrankungen mit speziellen Antikörpern gezeigt.
„Jetzt wollen wir weitere Anwendungsfelder erschließen und auch andere Wirkstoffe“, sagt Voigt. Ganz aktuell soll man im Auftrag einer amerikanischen Pharmafirma eine Matrix für bestimmte Hormone entwickeln, die den Knochenwuchs steuern. Ein wesentlicher Punkt sind hierbei die Freisetzungsraten aus der Matrix. Sie werden unter Einwirkung verschiedener körperähnlicher Flüssigkeiten genau analysiert und lassen sich über die Zusammensetzung der Matrix und die Verteilung der Partikel darin steuern. Wichtiger Impulsgeber bei dieser Neuausrichtung ist der neue CEO, der US-Amerikaner Stan Yakatan. Yakatan hat sich in das Adlershofer Vier-Personen-Unternehmen verguckt. Er will TheraKine für einen größeren Markt fit machen.
Das tut auch Jürgen Leonhardt. Der berentete Professor der Akademie der Wissenschaften plant die Zukunft seines neuen Instituts, IUT Medical. Ein vielversprechendes Arbeitsgebiet sieht er in der Analyse von Körperausscheidungen zur Diagnose von Krankheiten. Aktuell gibt es etwa 25 Substanzen, die mit Krankheitsbildern korrelieren. So deutet Ammoniak auf eine Lebererkrankung hin, Aceton auf Diabetes oder Stickoxide auf depressives Verhalten. Mit seiner Expertise in hochsensibler Analytik und dem Aufbau einer neuen Generation von Messtechnik, die nicht nur präzise Daten liefert, sondern diese auch hinsichtlich möglicher Korrelationen auswertet, werde sich das IUT Medical daran beteiligen. Unterstützt wird IUT vom amerikanischen Partner Oncologix, ein Unternehmen, das diese Technologie auch auf den amerikanischen Markt bringen möchte.
Von Uta Deffke für Adlershof Special