Kurz vor der Rettung der Welt
Adlershofer Start-up Boreal Light bringt sauberes Trinkwasser und Öko-Strom in die ärmsten Regionen der Erde
Strom und sauberes Trinkwasser in ländliche Regionen des Nahen und Mittleren Ostens zu bringen – dieser Mission hat sich Hamed Beheshti mit seinem 2013 gegründeten Unternehmen Boreal Light verschrieben. Dafür setzt er auf die Kraft von Sonne und Wind und auf kleine Anlagen, die Meerwasser entsalzen, Trinkwasser aufbereiten und Strom für die lokalen Bedürfnisse produzieren.
Sehen Sie hier, wie es funktioniert: im kurzen Erklärfilm.
„Das Potenzial ist enorm“, glaubt Beheshti. Der 33-jährige gebürtige Iraner hat zu Beginn des Jahrtausends an der American University of Beirut Regenerative Energien studiert. Sein praktisches Engagement begann mit einer Autopanne. Mit einem Freund war er in der nicht ganz ungefährlichen Grenzregion des Libanon zu Israel unterwegs, als das Auto liegen blieb – kein Licht, kein Strom weit und breit. „So sieht es in vielen ländlichen Regionen der Welt aus. Dabei bedeutet Licht nicht nur Helligkeit, sondern auch Sicherheit und Gesundheit“, sagt Beheshti. Das war der Start für seine ersten Wind- und Solarprojekte in der Region „Bei den Menschen, die das wirklich brauchen“, wie er betont.
Nach Deutschland kam er erstmals 2008. Mit einem UNEP-Stipendium belegte er einen Kurs zu erneuerbaren Energien an der TU Dresden. Es hat ihm gefallen, sodass er 2010 zurückkehrte – diesmal an das „Forschungszentrum für Umweltpolitik“ der Freien Universität Berlin, wo er seine Doktorarbeit schrieb. Nur um dann schnell wieder unternehmerisch tätig zu werden.
Boreal Light – übrigens der englische Ausdruck für Polarlichter, die ihn bei einem Besuch in Island sehr faszinierten – hat er mit einem befreundeten Maschinenbauingenieur zusammen gegründet. „Wir wollen robuste, preisgünstige Anlagen deutscher Qualität herstellen – ‚made in Berlin‘.“ Als Standort haben sie sich ganz bewusst Adlershof und das Zentrum für Photovoltaik (ZPV) ausgesucht. Rundum finden sich Kollegen aus derselben Branche für Austausch und Zusammenarbeit. Außerdem gibt es die Perspektive, in den benachbarten Räumen eine Produktion aufzubauen. Wenn es die Auftragslage erlaubt, sollen dafür möglichst bald drei Mitarbeiter eingestellt werden.
Auf dem Schreibtisch in Hamed Beheshtis Büro liegen schon einige UV-Filter für die Trinkwasseraufbereitung, die in künftige Anlagen verbaut werden sollen. Das Prinzip: „Wir entwickeln Anlagen, die wir aus fertigen Komponenten zusammenbauen“, erläutert Beheshti. Für technische Aufgaben, die sie selber nicht leisten können, sucht sich Boreal Light Kooperationspartner. Das können einzelne Ingenieure sein oder ganze Firmen, zum Beispiel Siemens für die Steuerung der Wasseraufbereitung.
Im Bereich Windkraft ist Boreal Light kürzlich eine Partnerschaft mit dem Serviceanbieter MD Wind aus Luxemburg eingegangen. Sofort nach dem Atomdeal mit dem Iran zu Beginn diesen Jahres haben die beiden Unternehmen MD Wind Iran gegründet. Von der Zentrale in Teheran aus wollen sie Windkraft-Services europäischer Qualität im Mittleren Osten anbieten. Für diese Aufgabe werden im Sommer sechs junge iranische Ingenieure für drei Monate in Deutschland und Frankreich qualifiziert.
Neben dem Nahen und Mittleren Osten sieht Beheshti auch in Zentralasien und Lateinamerika einen attraktiven Markt für Windenergie. Vor kurzem ist ein indischer Investor eingestiegen, der sich mit 30 Prozent am Unternehmen beteiligt. Für die solargetriebene Wasseraufbereitung sind Lateinamerika und Afrika südlich der Sahara ein wichtiger Zielmarkt. Aktuell läuft ein Projekt in Tansania, wo zusätzlich flüssiger Wasserstoff hergestellt werden soll – als Brennstoff für den Haushalt. „Das müssen keine großen Mengen sein“, meint Beheshti. „Sie sollen reichen, um ein Quartier zu versorgen. Damit liefern wir mehr als nur Technik, nämlich das neue Herz für eine Nachbarschaft.“
Von Dr. Uta Deffke für Adlershof Journal
www.boreallight.com