Lastenräder reduzieren Fahrten mit Pkw oder Lieferfahrzeugen
DLR-Forschungsprojekt "Ich entlaste Städte" präsentiert Zwischenbilanz mit ersten Ergebnissen
400 Unternehmen und Institutionen haben im vergangenen Jahr am Forschungsprojekt "Ich entlaste Städte" unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) teilgenommen. Erste Ergebnisse von Europas größtem Lastenrad-Testprojekt zeigen, dass die Lastenräder bei zwei von drei Fahrten anstelle von Pkw oder leichten Nutzfahrzeugen eingesetzt wurden. Die Hälfte der Teilnehmer erwägt am Ende der Testphase ein eigenes Lastenrad zu kaufen oder kauft es sofort. "Ich entlaste Städte" wird im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative vom Bundesumweltministerium (BMU) gefördert und soll das Potenzial von Lastenrädern als Transportalternative für Gewerbebetriebe untersuchen.
Seit dem Start des Testbetriebs im September 2017 verzeichnet das DLR-Projekt "Ich entlaste Städte" 400 Teilnehmer - das sind Unternehmen und Institutionen, die für drei Monate lang ein Lastenrad in gewerblicher Nutzung testen. Der Fuhrpark besteht aus 152 Lastenrädern: vom flinken zweirädrigen Lieferbike bis zum dreirädrigen Schwerlastrad - die meisten davon mit elektrischer Tretunterstützung bis 25 km/h. Rund 140.000 Kilometer wurde mit den Projektfahrzeugen bislang zurückgelegt. Die Tester zeichneten bislang über 12.000 Fahrten mit der projekteigenen App auf und bewerteten diese Fahrten, damit liefern sie eine wichtige Datengrundlage für die Verkehrsforschung.
Die Projektleitung liegt beim DLR-Institut für Verkehrsforschung, das die Akzeptanz, Nutzung und Wirkung von Lastenrädern im Wirtschaftsverkehr untersucht. "In diesem Projekt erfahren wir, wie Firmen Lastenräder für ihre Mobilität nutzen können. Damit liefert das DLR der Politik wichtige Erkenntnisse, wie groß hier das Potential für die Entlastung des Verkehrs in Städten und von CO2-Einsparungen ist. Zudem kann der bundesweite DLR-Lastenradtest den Umstieg von konventionellen Kraftfahrzeugen auf das Lastenrad in vielen Branchen anstoßen", sagt Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze zeigt sich erfreut über das rege Interesse am Lastenradtest: "Der Klimaschutz im Verkehr stellt uns vor besondere Herausforderungen. Aber jede und jeder kann selbst etwas bewirken. Dies zeigt die große Resonanz auf das Projekt "Ich entlaste Städte" des DLR. Die teilnehmenden Gewerbetreibenden erfahren, wie bequem unterschiedlichste Lasten mit Fahrrädern transportiert werden können. Ich hoffe, dass der Lastenradtest viele Menschen überzeugt und sie ein Lastenrad zukünftig nachhaltig nutzen. In diesem Sinne wünsche ich dem Projekt weiterhin einen erfolgreichen Verlauf und verspreche mir noch viele wertvolle Erkenntnisse."
Lastenräder werden zu einem regelmäßig genutzten Transportmittel
Die ersten Nutzungszahlen des Lastenradtests sprechen für sich: mehr als 98 % der Fahrten würden die Tester erneut mit dem Lastenrad zurücklegen. Zwei Drittel der mit den Projektfahrzeugen gefahrenen Kilometer wären in den Betrieben sonst mit Pkw oder leichten Nutzfahrzeugen durchgeführt worden. "Das Lastenrad wurde für viele Unternehmen und Einrichtungen zur selbstverständlichen und regelmäßig genutzten Alternative für täglich anfallende Transporte, Einkäufe oder Kundenbesuche", berichtet Projektleiter Johannes Gruber.
Jeder fünfte Testfahrer schafft nach der Leihphase ein eigenes Lastenrad an
Zahlreiche Projektteilnehmer sind auch nach Abschluss des Tests weiterhin mit einem Lastenrad unterwegs – nun allerdings mit dem eigenen Rad. Ein Beispiel unter vielen ist die Filiale von Mail Boxes Etc. in Potsdam-Babelsberg. Mitarbeiterin Pia Gaude erzählt: "Wir verwenden das Lastenrad täglich für unsere Auslieferungen und unsere Kfz-Nutzung ist entsprechend gesunken." Mail Boxes Etc. ist kein Einzelfall: Etwa jede fünfte am Projekt beteiligte Organisation gab an, im Anschluss an die Testphase bereits ein eigenes Lastenrad angeschafft zu haben, ein weiteres Drittel hält eine zukünftige Anschaffung für "ziemlich wahrscheinlich" oder "ganz sicher". Nur etwa zwei Prozent der Projektteilnehmer lehnen nach Abschluss der Testphase eine dauerhafte betriebliche Nutzung von Lastenrädern ab.
Als wichtigste Hemmnisse für gewerbliche Fahrradnutzung gaben die Tester schlechtes Wetter, eine unzureichende Radverkehrsinfrastruktur oder zu hohe Kosten an. Deutlich stärker als die Hemmnisse werden von den Testern allerdings die positiven Treiber der Lastenradnutzung wahrgenommen. Im Vordergrund stehen praktische Vorteile wie das Wegfallen der oft zeitaufwendigen Parkplatzsuche oder die direkte Erreichbarkeit der Fahrziele, aber auch "weiche" Aspekte wie Image und Gesundheit. Tischler Carsten Rehfeldt aus Berlin empfiehlt das Lastenrad auch für das eigene Wohlbefinden: "Endlich wieder selbst bewegen statt gestresst im Auto sitzen! Insgesamt war ich auf dem Lastenrad im Stadtverkehr viel entspannter und schneller unterwegs – und die Zeitplanung wird auch zuverlässiger."
Forschungsprojekt "Ich entlaste Städte" untersucht, wie die Lastenräder genutzt werden
Die Nutzungsintensität der Testräder ist von Tester zu Tester unterschiedlich und ein zentrales Thema der Begleitforschung. Die beiden bisherigen Topnutzer stammen aus Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg; sie sind in drei Monaten jeweils über 3.000 Kilometer gefahren. Insgesamt nehmen Unternehmen und Einrichtungen aller Wirtschaftszweige und aus allen Bundesländern teil, das größte Teilnahmeinteresse wurde bislang in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Niedersachsen und Berlin bekundet. Etwa jede zweite Bewerbung und damit überproportional stark vertreten sind Freiberufler und Selbstständige. Daneben beteiligten sich auch mehr als 30 Städte und Gemeinden am Lastenradtest und zeigten damit Einsatzmöglichkeiten in der kommunalen Verwaltung auf. In Großstädten ist die Nachfrage erwartungsgemäß besonders hoch, allerdings stammen auch zwei von fünf Bewerbern aus Städten und Gemeinden unter 100.000 Einwohnern.
Interessierte Unternehmen und Institutionen können sich noch bis Sommer 2019 für die Teilnahme am Lastenradtest von "Ich entlaste Städte" bewerben. Alle Informationen dazu finden sich auf der Projektseite. Anfang 2020 wird das DLR eine Gesamtevaluation von Europas größtem Lastenrad-Testprojekt vorstellen und eine Einschätzung zur Zukunft von Lastenrädern im Wirtschaftsverkehr abgeben.
"Ich entlaste Städte" auf einen Blick
Mit dem Projekt "Ich entlaste Städte" möchte das Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) einen Beitrag zur Etablierung des Lastenrads als clevere Transportalternative für die gewerbliche Nutzung leisten und gleichzeitig solide Erkenntnisse zur Entlastungswirkung des Lastenrads für den Verkehr und damit für Städte liefern. Zu diesem Zweck stellt das DLR - gefördert durch die Nationale Klimaschutzinitiative des BMU - Firmen und öffentlichen Einrichtungen für eine minimale Nutzungspauschale von einem Euro pro Rad pro Tag Lastenräder zur Verfügung. Die Testpiloten erhalten so die Möglichkeit, ohne große Investitionskosten die Transportalternative für rund drei Monate in der Praxis zu testen. Im Gegenzug nehmen die Lastenradtester an mehreren Befragungen teil und zeichnen die Fahrten mit der Projekt-App auf. Je nach individuellen Transportanforderungen stehen den Testpiloten 23 verschiedene Lastenradmodelle und fünf unterschiedliche Bauformen zur Verfügung, die meisten davon mit elektrischer Tretunterstützung bis 25 km/h.
Weitere Infos und direkte Bewerbungsmöglichkeit finden Sie auf lastenradtest.de
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julia.heil(at)dlr.de
Dipl.-Geogr. Johannes Gruber
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Projektleiter "Ich entlaste Städte" im Institut für Verkehrsforschung
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Fax: +49 30 67055-283
Johannes.Gruber(at)dlr.de