Made in Adlershof
Von Riesen und Winzlingen, die aus den Werkshallen rollen
Der Weg von der Grundlagenforschung zum fertigen Produkt ist manchmal kurz – das lässt sich hier am Standort studieren, wo etliche Firmen Hightechprodukte herstellen. Diese sind so unterschiedlich, speziell und überraschend, wie man es sich nur denken kann. Ein Blick weg aus den Labors hin zu den Werkbänken.
Als Wissenschaftsstandort ist Adlershof fast schon ein stehender Begriff. Doch neben der zuweilen aufsehenerregenden Forschungsarbeit gerät aus dem Blick, dass rund um die Rudower Chaussee etliche Firmen ihre guten Ideen direkt am Standort in Produkte umsetzen.
Auch große Unternehmen wie die Unternehmensgruppe Freudenberg setzen auf „made in Adlershof“. Seit einem Jahr stellt die Freudenberg Spezialdichtungsprodukte GmbH & Co. KG am Groß-Berliner Damm auf 11.000 Quadratmetern Produktionsfläche Spezialdichtungen und Manschetten für die Automobilindustrie her – rund 100 Millionen Stück im Jahr. Außerdem betreibt Freudenberg hier ein eigenes Rohmischwerk, in dem pro Jahr 1.000 Tonnen Spezialgummi zur Weiterverarbeitung am Standort hergestellt werden können. Was die Werksleitung schätzt: „Hier finden wir alles, was wir brauchen. Hochwertige Gewerbeflächen, gute Verkehrsanbindungen, verhältnismäßig kurze Fahrwege für unsere Mitarbeiter sowie ein innovatives Umfeld“, sagt Wolfgang Schachermayr.
So sieht man das auch bei Jenoptik. Der international aufgestellte Optikkonzern hat seine Fertigungskapazitäten in der Halbleiterlaserproduktion mit einem Ende August eröffneten neuen Gebäude in Adlershof erweitert. Der Neubau samt Reinräumen wurde dringend nötig, weil die Produktionskapazitäten ausgereizt waren. Diesen Schritt hat die Fuss-Gruppe schon hinter sich. Der Hersteller für elektromagnetische Filter hat mit einer neuen Fabrikationshalle den Platz für eine Verdopplung der Produktion geschaffen.
Und das, was die anderen vielen anderen Firmen in Adlershof herstellen, ist so vielgestaltig und überraschend wie der Standort selber. Deshalb blickt das Journal in loser Folge darauf, was hier aus den Werkshallen rollt. Den Anfang machen besonders große und kleine Produkte.
von Chris Löwer
Groß:
1. SOLARKRAFTWERK
Hersteller: SOLON Energy GmbH
Größe: Das 18-MW-Kraftwerk bedeckt eine Fläche von 59 Hektar.
Vergleich: Es ist fast so groß wie 59 Fußballfelder.
Funktion: Erzeugung von Solarstrom (jährlich ca. 45.000 MWh) mithilfe von 75.000 Solarmodulen auf insgesamt 108 einachsigen Nachführsystemen
Anwendung: Stromversorgung für 4.500 Haushalte in Gila Bend, Arizona, USA
Innovation: Dieses Kraftwerk besteht aus 18 einzelnen Ein-Megawatt-Clustern, die Solon als Produkt schlüsselfertig verkauft. Somit ist eine Erweiterung um beliebig viele Cluster (jeweils 1MW groß) jederzeit machbar.
2. KLEINSATELLITENBUS TET-1
Hersteller: Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH
Größe: 670 x 580 x 880 mm (Länge, Breite, Höhe)
Vergleich: So groß wie eine Waschmaschine
Funktion: Kleinsatellitenbus mit Solarpaneelen, dient als Technologie-Erprobungs-Träger (TET) für Experimente im Weltraum. Er kann Lasten von bis zu 50 Kilogramm für Tests mit ins All nehmen.
Anwendung: TET-1 umkreist für das On-Orbit-Verification-Programm (OOV) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) die Erde.
Innovation: Der Mikrosatellit ist modular aufgebaut und kann so für vielfältige Missionsanforderungen angepasst werden. Er ist für Umlaufbahnen von 450 Kilometer bis zu 850 Kilometer Höhe ausgelegt und zeichnet sich durch das günstige Verhältnis zwischen Satellitenmasse und möglicher Nutzlastmasse sowie einer geringen Fehleranfälligkeit aus.
3. TELESKOP-PROTOTYP
Bauherr: DESY
Größe: Höhe des Turms: neun Meter; Spiegelflächendurchmesser: zwölf Meter; Spiegelfläche: 100 Quadratmeter
Vergleich: So groß wie das Brandenburger Tor (wenn der Spiegelträger nach oben geschwenkt ist)
Funktion: Prototyp für das geplante Gammastrahlen-Observatorium Cherenkov Telescope Array (CTA). CTA ist ein internationales Konsortium (regional beteiligt sind: DESY, HU Berlin, Uni Potsdam). Mit dem Prototyp sollen die mechanischen Eigenschaften der CTA-Teleskope untersucht werden.
Anwendung: CTA dient der Vermessung des Universums mit Lichtteilchen höchster Energie. Mit ihm sollen auch kosmische Teilchenbeschleuniger untersucht und nach Dunkler
Materie gesucht werden.
Innovation: Das CTA wird das bislang sensitivste Teleskop-System werden.
Klein:
1. SILICA-BASIERTE NANOPARTIKEL
Hersteller: microParticles GmbH
Größe: Die Nanopartikel bewegen sich im Durchmesserbereich von 20 Nanometern.
Vergleich: Sie sind etwa so groß wie ein HIV-Virus oder etwa 300-mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares.
Eigenschaften: Die winzigen runden Kügelchen einer Probe sind alle fast gleichgroß. Fachleute sprechen von hoch monodispersen sphärischen Partikeln. Sie zeichnen sich durch eine hohe chemische und thermische Stabilität aus.
Anwendung: Basismaterial für stark saure Ionenaustauscher. Ausgangsmaterial für die Herstellung superparamagnetischer Nanopartikel für potenzielle medizinische Anwendungen.
Innovation: Neue Stoff klasse für potenzielle medizinische Applikationen
2. BLAUER GALLIUMNITRID LASERCHIP
Hersteller: Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik
Größe: 0,4 x 0,6 x 0,2 mm
Vergleich: So groß wie ein Sandkorn
Anwendung: Es handelt sich um einen kleinen Laserchip, der Licht im blauen Spektrum emittiert. Er wird in der medizinischen Diagnostik eingesetzt.
Innovation: Sehr kompakte Baugröße
3. FUNKTIONELLE PARTIKEL
Hersteller: Surflay Nanotec GmbH
Größe: Teilchen der Größe im Bereich von 0,5 bis 10 μm (1000stel Millimeter)
Vergleich: Kleiner als ein Staubkorn oder in etwa so groß wie eine kleine Bakterie
Funktion: Die semipermeablen Kapseln können in größere Moleküle eingesperrt und bei Bedarf wieder freigesetzt werden. Alternativ können die Oberflächenfunktionen von Partikeln durch einen Kapselüberzug gezielt verändert werden.
Anwendung: Die Kapseln werden unter anderem für die Enzymtechnologie, Kosmetik, Diagnostik und Pharmazie hergestellt.
Innovation: Möglich wird die Verkapselung von Wirkstoffen und Funktionalisierung beliebiger Partikeloberflächen, beispielsweise mit biologischen Erkennungsfunktionen, mit Farbschichten, Fluoreszenzeigenschaften oder magnetischen Eigenschaften.