Mauern zum Einstürzen bringen
Nachwuchsforscher präsentierten beim ersten Falling Walls Lab Adlershof ihre Ideen für die Welt von morgen
Breaking the walls of Biomarker Sensing: Wie sich Biomarker von Krankheiten mithilfe von Laseranalyse und DNA-Origami in einem Tropfen Blut aufspüren lassen. So lautet die Ultrakurzform der Idee von Christian Heck, mit der der Biochemiker aus der Graduiertenschule SALSA der Humboldt-Universität zu Berlin (HU), der Universität Potsdam und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) den Adlershofer Vorentscheid zum Falling Walls Lab 2017 gewonnen hat.
Er wird am 8. November im Rahmen der diesjährigen Falling Walls Conference in Berlin gegen 99 Nachwuchsforscher aus aller Welt antreten, die sich ebenfalls in lokalen Vorentscheiden durchgesetzt haben. Die drei Gewinner erhalten neben einem Geldpreis die Gelegenheit, ihre Projekte dem großen internationalen Publikum der Konferenz vorzustellen.
Die Falling Walls Conference findet seit 2009 jährlich zum Tag des Mauerfalls in Berlin statt. Einer ihrer Väter ist Professor Jürgen Mlynek, ehemaliger Präsident der HU und der Helmholtz-Gemeinschaft. „Falling Walls ist eine wunderbare Marke, in einer Welt, in der heute wieder neue Mauern gebaut werden – ob an der Grenze zu Mexiko, in Form von Handelsbarrieren oder durch Fake News“, sagte er in seinem Grußwort. Brücken bauen und Grenzen überwinden ist das Motto, unter dem jedes Jahr 20 der weltweit führenden Forscher ihre bahnbrechenden Forschungsarbeiten präsentieren. So bietet sich ein einzigartiges Forum, um Trends und Lösungen für globale Herausforderungen zu identifizieren, sich auszutauschen und zu vernetzen. Den Nachwuchsforschern beim Adlershofer Lab machte der inzwischen emeritierte Mlynek Mut, ihre eigenen Ideen zu verfolgen, sich von Rückschlägen nicht bremsen zu lassen und dabei durchaus auch nach wirtschaftlichem Erfolg zu schielen: Warum nicht als Firmengründer eines Tages mit dem eigenen Porsche vorfahren?
Ein Schritt in diese Richtung könnte die Teilnahme am Adlershofer Lab sein. Exakt drei Minuten Zeit hatten die acht jungen Forschenden, darunter zwei Frauen, um ihre „wall-breaking ideas“ vor einer sechsköpfigen Jury zu präsentieren. Keine leichte Aufgabe, wie der Juryvorsitzende Professor Ulrich Panne, Präsident der BAM, betonte. Aber ein Format, das sich lohnt – und das trainiert werden muss. Denn viel mehr Zeit habe man oft nicht im Leben, um sein Gegenüber zu überzeugen – sei es beim Heiratsantrag, von einer Geschäftsidee oder den neuesten Forschungsergebnissen.
Die in Adlershof präsentierten Ideen reichten von biomimetischen Strategien in der Architektur und innovativen Konzepten zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum über neue Formate der Wissenschaftskommunikation und der interdisziplinären Zusammenarbeit bis zur Quantenkommunikation. Bei der Reihenfolge der drei vorderen Plätze hatte es die Jury nicht leicht, wie Ulrich Panne zu Beginn der Preisverleihung sagte. Wichtigste Kriterien: Breakthrough-Faktor, Relevanz und Impact sowie die Performance der Präsentation.
Christian Heck machte seine Sache gut. Er begann seinen Vortrag mit einem Tropfen Blut, in dem Krankheiten bereits in sehr frühem Stadium Spuren hinterlassen. Um diese Biomarker auch in sehr geringer Konzentration nachweisen zu können, will er die laserbasierte Raman-Spektroskopie weiter verbessern. Zur Verstärkung der Signale werden Nanopartikel aus Gold oder Silber eingesetzt, die wie eine Vergrößerungslinse wirken. Das funktioniert jedoch nur dann optimal, wenn die Nanoteilchen präzise im optischen Strahlengang arrangiert sind. Hierfür setzt Christian Heck auf eine Technik, die sich DNA-Origami nennt. Sie nutzt aus, dass sich DNA-Moleküle in vielfältige 3D-Formen bringen lassen – und so auch an sie gebundene Nanoteilchen.
Ganz einfach sei es nicht, die eigene Forschung für Außenstehende in drei Minuten auf den Punkt zu bringen, gesteht Heck und will für das große Finale noch an seinem Vortrag feilen. Die Begeisterung für sein Thema war dem jungen Forscher aber anzumerken.
Auf den zweiten Platz kam Mahmoud Tawfieq vom Ferdinand-Braun-Institut. Auch er will Mauern bei der Diagnose von Krankheiten einreißen. Mit einer speziellen Technik, die auf der Analyse von Infrarot-Licht basiert, das an verdächtigem Gewebe gestreut wird, soll es künftig besser gelingen, bösartige Tumoren von gesunden Strukturen zu unterscheiden.
Rang drei belegte Facundo Gutierrez. Seine Idee, an deren Umsetzung er im Rahmen des Exzellenzclusters „Bild Wissen Gestaltung“ forscht: Exoskelette und Prothesen, die Menschen bei der Bewegung unterstützen, sollen künftig ohne tausende mechanisch und elektrisch verbundene Einzelteile auskommen. Stattdessen will er sich das Prinzip von Pinienzapfen zunutze machen, die allein aufgrund bestimmter Materialeigenschaften mechanische Bewegungen ausführen.
Von Uta Deffke für Adlershof Journal