Merkels Zeit in Adlershof
Auszüge aus der Kurzbiographie
Nachdem 1978 eine Bewerbung an der Technischen Hochschule Ilmenau scheiterte, ging Angela Merkel mit ihrem Mann nach Ost-Berlin. Hier nahm die Diplom-Physikerin eine Stelle am Zentralinstitut für Physikalische Chemie (ZIPC) in Berlin-Adlershof an. Angela Merkel trennte sich 1981 von ihrem Mann Ulrich Merkel und zog aus der gemeinsamen Wohnung aus. Die kinderlose Ehe wurde 1982 in Ost-Berlin geschieden. Angela Merkel behielt den Ehenamen bei. Am ZIPC in Adlershof lernte sie den Chemiker Joachim Sauer kennen, ihren jetzigen Ehemann, den sie 1998 heiratete. Im Jahr 1986 konnte Angela Merkel für mehrere Tage in die Bundesrepublik reisen, für DDR-Bürger damals keine Selbstverständlichkeit.
Am Zentralinstitut arbeiteten rund 650 Personen, davon etwa 350 Wissenschaftler, das Institut war der Akademie der Wissenschaften zugeordnet. Merkels Arbeitskollege Michael Schindhelm schildert die 1980er-Jahre in Adlershof in dem autobiographischen Roman Roberts Reise (2000):
'Wochen hatten genügt, um einzusehen, dass der Wissenschaftsbetrieb in diesem Institut, in der gesamten Akademie vor allem eines war: öde. Wir hausten in einer engen Baracke, die von außen einer Pförtnerei ähnelte und am Rand des großen Forschungsgeländes lag, dort, wo sich die Stadtkaninchen mit den Koryphäen der weniger geliebten und geförderten Wissenschaftsbereiche auf grasüberwucherten Wegen trafen.' Und über Angela Merkel (in Schindhelm Roman nennt er sie 'Renate'):
'Renate, mit der ich das Büro teilte, war das Vorbild einer illusionslosen Jung-Wissenschaftlerin. Sie promovierte seit etlichen Jahren vor sich hin, Pathos beseelte sie nur im Zusammenhang mit einsamen Radtouren in der Mark Brandenburg'
Innerhalb des Zentralinstituts für Physikalische Chemie arbeitete Angela Merkel im Bereich Theoretische Chemie. Am 8. Januar 1986 reichte Angela Merkel schließlich ihre Dissertation ein: Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden (Signatur H 86b/5809 der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main). Doktorvater war Lutz Zülicke, Leiter der Theoretischen Chemie am ZIPC. Nach der Promotion wechselte Dr. rer. nat. Angela Merkel innerhalb des Instituts an den Bereich Analytische Chemie, ihr Abteilungsleiter wurde Klaus Ulbricht.
Angela Merkel war während ihrer Zeit am ZIPC zeitweise als Kreisleitungsmitglied und 'Sekretärin für Agitation und Propaganda' bei der FDJ tätig - sie selbst spricht in diesem Zusammenhang von 'Kulturarbeit'. Darüber hinaus war sie politisch nicht aktiv.
Demokratischer Aufbruch (1989)
Angela Merkel arbeitete erst ab Ende Dezember 1989 beim Demokratischen Aufbruch mit, vorher gehörte sie keiner Oppositionsbewegung an. Der Merkel-Biograph Gerd Langguth (Lit.) berichtet von zahlreichen Freunden und Bekannten Merkels aus den 1970er und 1980er-Jahren, die sich irritiert darüber äußern, dass sie letztendlich CDU-Politikerin wurde, da einige eine weltanschauliche Nähe zu den Grünen erwarteten. Merkels Mutter war nach der Wiedervereinigung in der SPD aktiv und ihrem Vater wird ebenfalls keine Nähe zur CDU nachgesagt. Im Dezember 1989 war die Frage der (partei)politischen Ausrichtung des Demokratischen Aufbruchs (DA) allerdings noch keineswegs entschieden. Angelika Merkel arbeitete für die DA-Geschäftsstelle in Ost-Berlin, sie entwarf Flugblätter und rückte schließlich in die Position einer Quasi-Pressesprecherin auf.
Anfang des Jahres 1990 arbeiteten auch westdeutsche politische Akteure auf die erste demokratische Volkskammerwahl am 18. März 1990 hin. Volker Rühe entwickelte als Generalsekretär für die CDU am 5. Februar 1990 das Wahlbündnis Allianz für Deutschland. Der Demokratische Aufbruch (DA) hatte dort als neugegründete Bürgerbewegung eine Schlüsselposition inne: Helmut Kohl, der CDU-Vorsitzende und Bundeskanzler, wollte nicht allein auf die als Blockpartei vorbelastete Ost-CDU oder die der CSU nahestehende Deutsche Soziale Union (DSU) setzen. Im Februar 1990 ließ sich Angelika Merkel von der Akademie der Wissenschaften freistellen, um für den DA hauptamtlich Wahlkampf zu betreiben. Wenige Tage vor der Wahl wurde die Tätigkeit des DA-Vorsitzenden Wolfgang Schnur für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) öffentlich. Es war Merkels Aufgabe die Pressekonferenz zu leiten, auf welcher der DA-Vorstand seine Betroffenheit über die MfS-Kontakte Schnurs äußerte.