Metamorphose eines Technologiezentrums
Vor 15 Jahren wurde das Zentrum für Biotechnologie und Umwelt im Technologiepark Adlershof eröffnet. Siedelten sich anfangs vor allem Unternehmen aus dem Bereich der Umweltanalytik an, erfuhr die Branche in den Folgejahren – auch aufgrund geringerer Fördermittel – eine Bereinigung und Konzentration. In gleichem Maße entdeckten immer mehr Biotech-Unternehmen die hervorragende Laborumgebung des Gebäudes. Die Nachfrage stieg, ein zweites Gebäude entstand. Beide waren innerhalb kurzer Zeit voll vermietet. Über 70 Unternehmen sind heute in Adlershof im Bereich Umwelt- und Biotechnologie tätig, sagt Zentrumsleiterin Heidrun Terytze.
Warum sind Umwelt- und Biotechnologie ein Schwerpunkt in Adlershof?
Die Fokussierung auf bestimmte Technologiefelder begleitet die Entwicklung des Wissenschafts- und Technologieparks seit 1990. Ausgangspunkt war die Überleitung erfolgreicher Arbeitsgruppen und Projekte aus der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR (AdW) in neue Institute und Unternehmen des Standortes. Hinzu kam die Orientierung auf internationale Trends, welche eine schnelle Umsetzung wissenschaftlicher Ergebnisse in marktfähige Produkte und Dienstleistungen erkennen ließen. Die aufstrebenden Umwelt- und Biotechnologien gehörten ohne Zweifel dazu.
Wie erinnern Sie die Anfangszeit?
Es war ein Umbau des Standortes bei laufendem Betrieb. Diese Forderung hatte der damalige Wirtschaftsstaatssekretär formuliert. Alles musste neu sortiert werden. Die ansässigen AdW-Institute wurden durch die Evaluierung unter eine kritische Grenze gefahren. Mit dem einzig hier verbliebenen Institut – dem Institut für Angewandte Chemie Adlershof e. V. (ACA) – war es schwer, ein neues Technologiefeld zu beleben. Erst später mit den neu gegründeten Unternehmen, dem Institut für Chemie der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der Abteilung Analytische Chemie, Referenzmaterialien der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) erhielt das Technologiefeld Schlagkraft, und es schloss sich die Kette zwischen Lehre, Forschung und Wirtschaft.
Wann kam das erste große Biotech-Unternehmen?
Das war Ende der 90er Jahre die Affina-Immuntechnik GmbH. Im Jahr 2000 folgte die ASCA GmbH, eine Ausgründung aus dem ACA, die ein bedeutender Dienstleister in der Auftragssynthese für die Pharma-Industrie ist.
Was waren Meilensteine des Technologiefeldes?
Das waren die neuen Laborgebäude: zunächst 1997 in der Volmerstraße und dann 2006 das zweite Zentrum in der Magnusstraße. Die infrastrukturellen Voraussetzungen für Umwelt- und Biotechnologien hatten wir somit geschaffen. Ebenso wichtig war im Jahr 2001 der Umzug des HU-Instituts für Chemie aus der Stadtmitte Berlins nach Adlershof. Damit kamen Studenten und Wissenschaftler, die hier studieren, forschen, ihre Ideen zu Produkten machen und Unternehmen gründen, wie z. B. die Cyano Biofuels GmbH. Diese zählt
heute zu den größten Mietern in unserem Technologiezentrum.
Welche Unternehmen oder Entwicklungen haben Sie besonders beeindruckt?
Die bereits genannten Unternehmen ASCA und Cyano. Aber auch die JPT Peptide Technologies GmbH oder die Scienion AG. Letztere ist aus dem Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Dahlem hervorgegangen. Das Unternehmen ist seit über zehn Jahren in Adlershof, ist stabil gewachsen und hat über die Zeit sein Geschäftsfeld modifiziert, um sich immer wieder flexibel den Gegebenheiten des Marktes anzupassen.
Welche Rolle spielt die Analytik am Standort?
Analytik ist Mittel zum Zweck. Analytische Methoden sind deutschlandweit nirgends in einer Bandbreite anzutreffen wie in Adlershof mit seinen Forschern, Methodenentwicklern, Gerätebauern und Verkäufern. Kurze Wege machen Kooperationen leicht. Die Analytik ist auf jeden Fall ein weiteres Alleinstellungsmerkmal für den Standort und neben der biotechnologischen Produkt- und Verfahrensentwicklung, der Pharmaforschung sowie der Medizinforschung und -technik ein Schwerpunkt des Technologiefeldes.
Wie sieht der ideale Ansiedlungsinteressierte aus?
Den gibt es nicht. Wir sind offen für alle Unternehmen. Immer spielen Fragen eine Rolle, wie: Was bietet mir der Standort, wie kann ich dessen Infrastruktur und Netzwerke nutzen, wie hoch sind die Mieten? Wer sich für Adlershof interessiert, der weiß in der Regel auch, wer schon da ist, mit wem er zusammenarbeiten möchte. Die Konstanz des Zusammenspiels der inzwischen über 70 Unternehmen im Bereich Umwelt- und Biotechnologie ist spürbar und hat sich herumgesprochen.
Ist das Konzept eines Technologiezentrums erfolgreich?
Unser Konzept mit zwei Laborgebäuden mit arbeitsfähiger Erstausstattung ist sehr gut aufgegangen. Gerade jungen Unternehmen wird so die Last hoher Anfangsinvestitionen in technische Gebäudeausrüstung genommen. Beide Gebäude waren innerhalb kurzer Zeit voll vermietet. Idealerweise stellen wir bei der Expansion von Unternehmen Flächen zum Kauf an, auf denen das Unternehmen selber baut oder bauen lässt. Die Analytisches Zentrum Berlin-Adlershof GmbH hat das bereits getan. Auch die BAM baut ein neues Laborgebäude, dass 2013 fertig sein wird. Das rundet die ganze Sache hier noch ab.
Das Gespräch führte Rico Bigelmann