Mit hocheffizienten Tandemsolarzellen gegen die Klimakrise
Forschung am Helmholtz-Zentrum erreicht die Weltspitze
„Kein Sandwich liefert mehr Energie“ – die saloppe Formulierung hat einen hoch wissenschaftlichen Anspruch. Schließlich steht sie in der Präsentation des Physikers Amran Al-Ashouri, der den Wettbewerb um den Dissertationspreis Adlershof 2021 gewann. Um die jährlich von der Berliner Humboldt-Universität (HU), der WISTA Management GmbH und der Initiativgemeinschaft Außeruniversitärer Forschungseinrichtungen in Adlershof e. V. (IGAFA) vergebene Auszeichnung können sich Nachwuchsforschende aus Adlershof bewerben, die eine mit mindestens „sehr gut“ (magna cum laude) bewertete Promotion vorweisen können. Wie alle Nominierten hatte Aman Al-Ashouri gerade mal 15 Minuten Zeit, um seine wissenschaftlichen Leistungen möglichst anschaulich zu präsentieren.
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Nachwuchsgruppe „Perowskit-Tandemsolarzellen“ am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), der er angehört, sind aktueller denn je. Mittlerweile steht der Physiker, der in Mülheim an der Ruhr Abitur machte, an der Uni Duisburg-Essen den Master erwarb und an der Technischen Universität Berlin (TU) promovierte, mit der HZB-Solarzelle an der Weltspitze. Während reine Silizium-Solarzellen höchstens einen Wirkungsgrad von 26,7 Prozent erreichten, kamen die Tandemsolarzellen des HZB-Teams auf 29,15 Prozent. Dieser Erfolg ist auch der Zusammenarbeit mit Berliner und internationalen Forschungsteams, speziell der Universität Kaunas, Litauen, zu verdanken. Ausführlich beschrieben wird dies in einem Artikel im Wissenschaftsmagazin Science, den Al-Ashouri im Dezember 2020 mit etwa 30 Mitautor:innen veröffentlichte.
Es geht dabei um Solarzellen, die als Tandem auftreten, ähnlich wie ein Sandwich, das stets zwei Brotscheiben verlangt. Die Tandemzellen bestehen aus einer Silizium- und einer hauchdünnen Perowskit-Solarzelle, einem Material mit exzellenten optoelektronischen Eigenschaften. Die chemische Zusammensetzung als organisch-anorganische Metallhalogenide und ihre Kristallstruktur haben sich als günstig für effektive Solarzellen erwiesen. Während die Siliziumzelle es gut schafft, den infraroten Anteil des Sonnenlichts umzuwandeln, ist die Perowskit-Solarzelle besonders effektiv für den sichtbaren Teil des Lichts. So entsteht ein Tandem, dessen Wirkungsgrad deutlich über demjenigen von Einzelsolarzellen liegen kann. „Wir haben es mit wenig Ressourcenaufwand geschafft, hocheffiziente Solarzellen herzustellen", sagt Al-Ashouri.
Ausruhen können sich die HZB-Forschenden auf ihren Lorbeeren allerdings nicht. Der weltweite Wettlauf um den besten Wirkungsgrad bei Tandemsolarzellen geht munter weiter. Ein Team der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) schraubte im Sommer 2022 den Höchstwert auf 31,3 Prozent. Doch Ende Dezember 2022 holte sich das HZB den Spitzenplatz mit 32,5 Prozent Wirkungsgrad zurück.
An solchen wissenschaftlichen Erfolgen ist Amran Al-Ashouri als Postdoc weiterhin beteiligt. Die Labore seines HZB-Instituts Silizium-Photovoltaik in der Adlershofer Kekuléstraße werden gerade umgebaut, doch die Forschung geht weiter. Der Raum ist eng bepackt mit Experimentierkästen. Aus der gläsernen Längsseite hängen lange schwarze Plastikschläuche, deren Ende wie Handschuhe geformt sind. Ein Experimentator in weißer Schutzkleidung steckt vorsichtig die Hände in die schwarzen Umhüllungen, schiebt sie ins Innere des mit gasförmigem Stickstoff gefüllten Kastens und greift nach dünnen viereckigen Plättchen. „In diesen gasdicht abgeschlossenen Gloveboxen werden die Substrate für die Solarzellen beschichtet“, erklärt Al-Ashouri. In der Glovebox nebenan kristallisieren Perowskite aus, werden Substrate mit weiteren nanometerdünnen Filmschichten versehen, eine künstliche Sonne beginnt zu scheinen. „Ich habe bei der Doktorarbeit viel Zeit mit Experimentieren verbracht“, sagt Al-Ashouri. Als Postdoc betreut er jetzt selbst die Promovierenden, baut optische Messsysteme, kümmert sich um Analysegeräte.
Seine wissenschaftliche und berufliche Zukunft sieht der Physiker entscheidend von der Frage bestimmt, wie er dazu beitragen könne, die weltweite Klimakrise in den Griff zu kriegen. So habe ihn die Aussicht, mit wissenschaftlicher Arbeit zur Energieeffizienz beitragen zu können, seinerzeit motiviert, nach Berlin zum HZB zu kommen. Über Tandemsolarzellen zu forschen, ihre Effizienz zu steigern - das Dissertationsthema habe er bewusst gewählt, weil die Resultate zur Bewältigung der Klimakrise beitragen könnten. „Jetzt geht es darum, unser Wissen aus der Forschung sinnvoll zu verwerten“, sagt Aman Al-Ashouri. Auch deshalb kann sich der Gewinner des Dissertationspreises eine berufliche Zukunft in der Industrie vorstellen.
Dr. Paul Janositz für Adlershof Journal