Mit Schmetterlingen rechnen
Stefanie Lieschke leitet die BIP Kreativitätskita am Campus
Woran lässt sich erkennen, dass ein Kind begabt ist, und vor allem: in welchem Bereich? Hans-Georg Mehlhorn hat in den 1970er Jahren eine neue Lehrmethode entwickelt, die auf Begabung, Intelligenz und Persönlichkeit (BIP) beruht. Laut Mehlhorn ist Begabung keine Glückssache, sondern eine Frage der Förderung. Als sich Stefanie Lieschke 2021 als Leitung der neuen Kita am Campus in der Hermann-Dorner-Allee 11 beworben hatte, kannte sie den BIP-Ansatz nicht. „Sobald ich verstanden habe, was die Bildungseinrichtung von anderen Institutionen unterscheidet, habe ich mich schnell mit dieser pädagogischen Richtung identifizieren können. Ich finde gut, dass die Kinder durch die geschlossenen und altershomogenen Gruppen die Möglichkeit haben, gemeinsam zu wachsen.“ Die Fachkräfte begleiten die Kinder im besten Fall von der Eingewöhnung bis zum Schuleintritt, so dass sie ihre erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten aufeinander aufbauen können.
Der Ablauf ist klar vorgegeben, erklärt die Erzieherin: „Die Kinder einer Gruppe beginnen jeden Tag mit einem Morgenkreis und einem Begrüßungslied. Wir singen mit den Kleinen noch zwei, drei andere Lieder oder spielen ein kleines Spiel. Die älteren Kinder bestimmen bereits mit, welche Inhalte unseren Tag füllen.“ Das Gerüst des Kita- und Vorschulprogramms bietet neben eigenen Rahmenlehrplänen das Berliner Bildungsprogramm, das Mathematik, Naturwissenschaften, Sprache, Kunst, Musik und Bewegung als Teil des Lehrplans vorgibt. In der jeweiligen Gruppe, die aus bis zu 18 Kindern im Vorschulbereich besteht, können die Kinder aus zwei Angeboten wählen. Für acht Kinder ist in einem Angebot Platz. „Durch die Kleingruppen können wir schneller sehen, wenn das Kind noch Unterstützung braucht. Wenn wir merken, dass ein Kind in einem Bereich besonders begabt ist, kann es eine ähnliche Einheit einer älteren Gruppe ausprobieren und sehen, wie es sich dort fühlt,“ so Lieschke.
Wichtig für einen guten Lernfortschritt sei vor allem, dass sich die Bereiche abwechselten. „Mathematik und strategisches Spiel aufeinanderfolgend, würde zweimal logisches Denken erfordern. Ideal ist der Wechsel von kognitiven und körperlichen Aktivitäten, die die Kreativität jedes Kindes individuell anregen und das eben Gelernte besser verarbeiten lassen.“
Die Gruppen der Kita sind nach Tieren benannt, die bereits die Türen zum Gruppenraum markieren: Es gibt Schmetterlinge, Tauben, Bienen, Füchse, Drachen und Delfine. Alle Gruppen besitzen eine eigene Garderobe, jeweils einen eigenen Gruppen- und Rückzugsraum. Die Einrichtung ist bewusst schlicht gehalten, so dass die Kinder ihren Raum frei gestalten können und nicht überreizt werden. Jede Gruppe hat außerdem ein eigenes Farbkonzept zur besseren Orientierung der Kinder. Zu den Delfinen gehört ein Sonnengelb. Ihr Spielzimmer ist mit einem Holzpodest ausgestattet, auf dem die Kinder klettern oder schlafen, ein Buch anschauen oder sogar unter das Podest kriechen und eine Höhle bauen können. Auch ein kleiner gehäkelter Delfin gehört zur Gruppe: „Ein Kind darf den Delfin mit nach Hause nehmen und am nächsten Tagerzählt es dann, was der Delfin erlebt hat“, so Lieschke.
Die Schmetterlingsgruppe – die Kinder sind hier fünf oder sechs Jahre alt – startete im letzten Jahr im Bereich „Entdecken, Erfinden, Erforschen“ ein eigenes Naturprojekt: „Wir haben Schmetterlingsraupen gekauft, sie gefüttert, beobachtet, wie sich die Raupen verpuppen, zum Schmetterling werden und sie dann freigelassen.“ Die Freude der Kinder an der Beobachtung der Schmetterlinge war so groß, dass die Erzieherinnen das Insekt in andere BIP-Einheiten einbezogen: Im Bereich „Bildkünstlerisches Gestalten“ bastelten sie Schmetterlinge und in „Gärtnern und Farmern“ sprachen sie darüber, welche Pflanzen Schmetterlingen als Nahrungsquelle dienen. In Mathematik wurde sogar mit Schmetterlingen gerechnet.
Susanne Gietl für Adlershof Journal