Neue Spin-off-Zone der Humboldt-Universität
Schutz und Wärme für den schwierigen Schritt vom Hörsaal in die freie Wirtschaft: Im Gründerhaus der Humboldt- Universität zu Berlin können die Ideen von Jungunternehmern reifen. Drei Startup-Firmen haben sich bereits in dem Gebäude in der Wegedornstraße 36 am Rand der Wissenschaftsstadt Adlershof niedergelassen.
Marek Checinski sieht müde, aber zufrieden aus. „Mein letztes freies Wochenende liegt einen Monat zurück, letzte Woche habe ich mindestens 60 Stunden gearbeitet“, sagt Checinski, der mit Alexander Kulesza das Unternehmen Creative Quantum gegründet hat. Firmendomizil ist ein schmaler Büroraum im Gründerhaus Adlershof. Im Gebäude riecht es nach frisch verlegtem Teppich, im Konferenzraum hängt noch eine große Schiefertafel. Früher war hier, am südlichen Rand von Adlershof, ein Oberstufenzentrum. Nun sollen innovative Ideen von hier aus ihren Weg in die Wirtschaft finden.
Creative Quantum
Checinski ist sich sicher, dass die Geschäftsidee von Creative Quantum Erfolg haben wird: „Mit Computersimulationen chemischer Prozesse wollen wir Industrieunternehmen helfen, kostspielige Laborversuche einzusparen und ihre Produktion zu optimieren.“ Schon nach wenigen Monaten im Gründerhaus freut sich die junge Firma über erste Umsätze und Folgeaufträge. Das erwirtschaftete Geld wird in Personal und Computerkapazitäten gesteckt, denn Räume und Infrastruktur bekommt Creative Quantum kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Life Action & Media Metrics
Auch in den Büros nebenan herrscht das fast klischeehafte kreative Chaos, das mit Start-ups verbunden wird: Bei Life Action entwerfen Informatiker Szenarien, die das Spielen am Computer mit Etappen in der echten Welt kombinieren. Schon neun Mitarbeiter hat die junge Firma Media Metrics, die die Werbe- und PR-Branche als Kunden im Blick hat. „Unsere Software ist wie ein Stimmungsmesser. Sie ermittelt, auf welche Resonanz ein Produkt oder eine Werbekampagne im Internet stoßen“, erklärt Vertriebsleiter Bernd Molzahn die Technologieentwicklung. Von Twitter über Facebook bis zu YouTube: Hunderttausende Nachrichten werden minütlich ins Internet geschickt. „Wir kondensieren und bewerten für unsere Kunden dieses unglaubliche Datenvolumen.“
Neuer IT-Boom
Dass alle drei Jungunternehmen im Gründerhaus mit Informationstechnologien erfolgreich sein wollen, ist kein Zufall: „Seit dem Platzen der Internetblase im Jahr 2000 hat sich hier wieder ein richtiger Boom entwickelt. Aber auch aus anderen Bereichen sind Gründer natürlich willkommen“, sagt Maciej Paluszynski von der Humboldt-Innovation GmbH (HI). Die Tochterfirma der Humboldt- Universität unterstützt seit 2005 Gründungswillige, hilft beim Formulieren von Stipendiumsanträgen und den bürokratischen Hürden der Firmengründung. Über 30 Unternehmen sind schon mithilfe der HI entstanden. Wer sich selbstständig machen will, brauche vor allem Ausdauer, sagt Paluszynski – je nach Gründungskonzept können mehrere Jahre vergehen bis zum Erfolg.
Mit dem Aufbau ihrer Spin-off-Zone will die HU auch der wachsenden Nachfrage unter Studierenden und Absolventen gerecht werden. Wer es schafft, mit seiner Idee ein Förderstipendium etwa des EXIST-Programms zu bekommen, kann ein Jahr lang kostenlos ein Büro im Gründerhaus nutzen. Den jetzigen Bewohnern gefällt besonders der Austausch untereinander, sei es beim Sport oder in der gemeinsam genutzten Küche: „Die Atmosphäre hier ist einfach positiv aufgeladen, die Motivation ist ständig spürbar und springt von einem zum anderen Team über“, sagt Bernd Molzahn. Wenn es nach Paluszynski geht, sollen Creative Quantum, Media Metrics und Life Action schon bald weitere Nachbarn bekommen: Insgesamt 52 Arbeitsplätze mit Telefon, Internet und Drucker stehen zur Verfügung.
von Claudia Wessling