Offen sein, immer dazulernen!
Über wissbegierige Adlershofer Zukunftsgestalter:innen
Oft ist von lebenslangem Lernen die Rede. Aber was bedeutet das eigentlich? Warum ist es nötiger denn je? Und was sind die Effekte? Adlershofer Zukunftsgestaltende geben Antworten.
Lebenslanges Lernen? Für Wolfgang Gries keine hohle Phrase, sondern gelebte Praxis. Seriengründer Gries, der zuletzt mit VigorHydrogen eine Firma zur Dekarbonisierung und Produktion von grünem Wasserstoff mit auf den Weg brachte, hat sich in seinem bisherigen Berufsleben etliche Male selbst neu erfunden. Weil er immer offen für Neues, immer wissbegierig war – und ist.
„Ich habe in verschiedenen Positionen gearbeitet, die sehr unterschiedliche Fähigkeiten verlangten, die ich mir on the job aneignen musste“, erzählt Gries, „vom Start-up-Unternehmer in kleinen rudimentär organisierten Unternehmen bis zu General-Manager-Positionen in US-amerikanischen börsennotierten Firmen.“ Inhaltlich von Marketingaufgaben bis zur Entwicklungsleitung mit millionenschwerer Budgetverantwortung. „Ohne eine ständige Neugier auf Neues und den Willen zu lernen wäre das alles nicht vorstellbar gewesen“, unterstreicht der studierte Physiker und Philosoph.
Sein Studium erwies sich nicht nur fachlich als hilfreich: „Eigentlich kennen Physiker nur die theoretischen Hintergründe und müssen sich in jeden Bereich faktisch einarbeiten“, erklärt Gries. „Das heißt, ich musste bei jeder neuen Aufgabe neu lernen.“ Im Rückblick sei das nicht immer leicht gewesen, aber es hat ihm die Freiheit und Unabhängigkeit ermöglicht, die er immer haben wollte: „Nur so konnte ich mir Jobs aussuchen, die mir gefallen haben, und ich war nicht gezwungen, irgendwelche zu suchen, nur um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren.“
Auch Jenni Haberland arbeitet in ihrem Traumjob – und entwickelt sich trotzdem stets weiter. Sie ist Teil des Kommunikationsteams der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und studiert berufsbegleitend Zukunftsforschung an der Freien Universität Berlin. Warum? Aus Neugier. Weil sich die (Arbeits-)welt ständig verändert – und sie sich mit. Durch lebenslanges Lernen. „Das heißt für mich auch, Blickwinkel und Denkweisen zu verändern, um auf neue Fragen neue Antworten zu finden“, erklärt Haberland.
Zukunftsforschung zu studieren, ist da nur konsequent. „Ich habe in den letzten 15 Jahren Kommunikation beruflich aus verschiedenen Facetten betrachten können und wollte dem eine weitere Perspektive hinzufügen, die über die Disziplin der Kommunikationswissenschaften hinausgeht“, sagt Haberland. „Ich sehe in der Verbindung beider Felder großes Potenzial gerade für die Wissenschaftskommunikation.“
Denn die habe sich verändert und wandele sich ständig. Weg von der beschallenden Einbahnstraße reiner Informationsvermittlung, hin zu Interaktion, Dialog, Beteiligung. Und: Statt nach langjährigen Projekten Ergebnisse zu verkünden, werde der Weg dahin heute kommunikativ begleitet. „Wir highlighten die Relevanz unserer Forschung in Bezug auf die Great Challenges unserer Zeit, stellen die Menschen vor, die daran arbeiten, versuchen Einblicke in den Arbeitsalltag oder die Labore zu geben und machen (abstrakte) Themen damit nahbar und nachvollziehbar“, erklärt Haberland. „Immer geht es darum zu zeigen, wie Forschung das Leben der Menschen besser und sicherer macht – und damit auch darum, Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken.“
Um beruflich und mental up to date zu bleiben, gehe es generell darum, „den permanenten Fortschritt von Technik und Gesellschaft bewusst wahrzunehmen und zu verstehen“, betont Martin Lehmann, Mit-Geschäftsführer der EBK Krüger GmbH & Co. KG. Die Firma hält gewissermaßen alte Technik fit, indem sie vor allem für die Autoindustrie Auslaufserien und Ersatzteile produziert.
Für Lehmann bedeutet lebenslanges Lernen unter anderem, „sich geistig mit der Gegenwart gewordenen Zukunft vertraut zu machen“. Was in der Firma zum täglichen Brot gehört, indem Mitarbeitenden in allen Bereichen Qualifikationsmöglichkeiten angeboten werden. Wichtig dabei sei stets, Weiterbildungen passgenau auf die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Beschäftigten zuzuschneiden, sagt Lehmann: „Nach unserer Auffassung führt eine ‚Zwangsqualifikation‘ nur zu Frustration und damit für das Unternehmen zu Ineffizienzen. Nicht jede Qualifikation passt zu jedem Menschen und umgekehrt.“
Doch wandeln muss sich jeder: Angestellte und ihre Unternehmen seien durch den rasanten technischen Fortschritt permanent damit beschäftigt, auf eine sich verändernde Arbeitswelt zu reagieren. Vor diesem Hintergrund als Studierender und Berufseinsteiger gut gerüstet ist, so Lehmann, wer „die Zukunft in unterschiedlichen Szenarien denken“ kann. Das ist die Basis, um sich gezielt weiterzuentwickeln.
Haberland rät zu einem „offenen Mindset und eben jener Neugier, sich für Themen auch jenseits der gewählten Studienfächer beziehungsweise des Berufsalltages zu interessieren: „Dazu gehört auch, mit Menschen aus anderen Bereichen, Disziplinen, Kulturen ins Gespräch zu kommen.“ Auch, um das eigene Denken und Handeln immer wieder zu reflektieren.
„Eine der wichtigsten Voraussetzungen, um sich in seinem zukünftigen Beruf wohlzufühlen, sind absolute Teamfähigkeit, Empathie und Aufgeschlossenheit gegenüber Menschen jeder Kultur, ein gesundes Maß an Selbstkritik, verbunden mit dem Wunsch besser zu werden“, rät Gries. „Besonders wichtig: Offenheit gegenüber allem Neuen.“ Denn die Anforderungen der Jobs, in denen man später arbeitet, werden in der Regel nicht deckungsgleich mit den im Studium oder der Ausbildung erlernten Fähigkeiten sein.
Chris Löwer für Adlershof Journal