Sanft macht sicher
Zerstörungsfreie Materialprüfung hilft, Unfälle oder Katastrophen zu vermeiden
Wie ein Kanonenrohr liegt sie da, hinter einer dicken Tür im Kellerraum: eine orangefarbene Röntgenröhre. Der wesentliche Unterschied: Mit den Röntgenstrahlen soll nicht zerstört werden. Sie durchleuchten Materialien und machen verborgene Mängel wie feine Risse oder andere Unregelmäßigkeiten sichtbar. Der Clou bei diesem Exemplar: Es ist mobil und kann so vor Ort etwa für die Inspektion von Schweißnähten im Chemiewerk oder von Kesseln im Kraftwerk eingesetzt werden.
„Die zerstörungsfreie Materialprüfung hilft, Unfälle oder Katastrophen zu vermeiden. Ohne sie sind heute weder die Gas- oder Ölversorgung denkbar, noch der Bau von Brücken oder die Herstellung eines Autos oder Zuges. Auch für die Untersuchung von Kunst- und Kulturobjekten zur Beglaubigung oder Vorbereitung einer Restaurierung gewinnen sie an Bedeutung“, sagt Matthias Purschke. Er ist Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Zerstörungsfreie Prüfung (DGZfP). Gegründet 1933 in Berlin, hat sie mittlerweile mehr als 600 Mitgliedsfirmen und mehr als 1.000 persönliche Mitglieder. Deutschlandweit gibt es 80 Mitarbeiter, in Berlin Adlershof sind es 35.
Optische Methoden spielen eine wesentliche Rolle bei der zerstörungsfreien Prüfung. Neben Röntgenstrahlen kommen Video- und Endoskopie, Computertomografie, aber auch Ultraschall und Farbeindringprüfung oder Magnetpulverprüfung zum Einsatz. Untersuchungen sind auch bei laufendem Betrieb oder während der Produktion möglich.
Die Fachleute dafür werden bundesweit in sieben Ausbildungszentren geschult, eines davon in Berlin Adlershof. Hier sind moderne Schulungsräume und Labore eingerichtet, in denen zum Beispiel die orangefarbene Röntgenröhre steht. In meist 14-tägigen Kompaktkursen werden die theoretischen Hintergründe der Messverfahren und die Grundlagen für die praktische Anwendung an typischen Schadensbildern vermittelt.
„Neben der Ausbildung und der Förderung von Nachwuchs unterstützen wir als Gesellschaft Forschung und Weiterentwicklung von Messverfahren und Geräten. Viele davon haben ihren Ursprung in Deutschland“, betont Purschke. Außerdem engagiert sich die DGZfP in der Normung und sie bietet eine Plattform für die Vernetzung zwischen Forschung und Geräteherstellern sowie Dienstleistern und anderen Anwendern. Mit Fachausschüssen, Seminaren und Konferenzen trägt sie zum regen Austausch in der Community bei. Zurzeit laufen die Vorbereitungen für die D-A-CH-Jahrestagung, die gemeinsam mit österreichischen und Schweizer Kollegen im Mai in Salzburg stattfindet. Auch der Weltkongress, der alle vier Jahre stattfindet und 2016 in München ausgerichtet wird, wirft bereits seine Schatten voraus.
Von Dr. Uta Deffke für Adlershof Special