Schlüssellochmedizin und Turbineninspektion
Den Platz an der Spitze besetzt die Kamera, versteckt im Endoskopschaft. Das Gerät, mit dem die Adlershofer MGB Endoskopische Geräte GmbH Berlin Ärzten den Blick in den Bauchraum erleichtern will, sieht schlicht aus: Ein langer Schaft, dahinter ein Griff, aus dem zwei Kabel führen. Doch im Inneren steckt auf kleinstem Raum Hightech.
Bei herkömmlichen Endoskopen ist die Kamera als externe Komponente mit Videoobjektiv untergebracht. Sie muss einen Weg durch ein System aus bis zu 60 Linsen überbrücken. In der Neuentwicklung ist die Kamera ganz an die Endoskopspitze verlagert worden. „Wir können 50 Linsen einsparen und damit natürlich auch Linsenfehler, die zu Unschärfe oder Verzeichnung des Bildes führen. Das Bild wird tiefenschärfer und viel natürlicher“, beschreibt MGB-Geschäftsführer Johannes Tschepe die Vorteile des geänderten Aufbaus. Ermöglicht wurde dieser erst durch die Miniaturisierung der Kamera.
Mit immer kleinerer Technik großen Fortschritt zu erzielen – darin liegt die Chance der Mikrosystemtechnik. Die Branche boomt, zwischen 2002 und 2007 ist der Umsatz der rund 170 in Berlin tätigen Unternehmen laut Branchenreport der Technologiestiftung Berlin um 56 Prozent gewachsen. MGB verkauft das Endoskop „Videolux“ vor allem in Asien: „Besonders erfolgreich sind wir in China. Dort wird es von den extrem gut und modern ausgestatteten Krankenhäusern der Volksarmee eingesetzt.“ Den Blick in verschlossene Räume eröffnen die endoskopischen Geräte aus Adlershof nicht nur in der sogenannten „Schlüsselloch“-Medizin. Sie ermöglichen es beispielsweise auch, das Innere von technischen Anlagen zu inspizieren, etwa Turbinen von Kraftwerken. Und auch hier kommt Hightech im Miniformat zum Einsatz: In Form eines Mikromotors, der direkt rund um die Linse aufgebaut ist. Mit dem neuartigen Bauteil lassen sich die Funktionen der Industrie-Endoskope erweitern, etwa durch Auto-Fokus oder verbesserte Zoom-Möglichkeiten.
Den Blick zu schärfen – das ist auch das Anliegen der Adlershofer Firma LensWista. Sie produziert mit extrem verkleinerter Technik neuartige Kontaktlinsen: Firmenchef Alexey Kalachev hat ein Verfahren entwickelt, mit dem er die Oberfläche seiner reinen Silikonlinsen nanotechnisch verändert. Dadurch können die Linsen bis zu drei Monate ununterbrochen im Auge verbleiben. Zurzeit wird die Anwendung erprobt.
Dr. Tina Heidborn