Schonend durchleuchten
Terahertzstrahlen taugen zu mehr als Körperscans an Flughäfen. FBH weltweit führend
Die Terahertztechnologie steht davor, für viele Anwendungen in der Medizin-, Radar-, Kommunikations- und Sicherheitstechnik, bei der zerstörungsfreien Materialprüfung sowie Qualitätssicherung interessant zu werden. Den Weg dahin bereiten unter anderem Forscher des Ferdinand-Braun-Instituts mit ihren integrierten Komponenten.
Ist von der Terahertztechnologie die Rede, wird sie schnell mit den in Verruf geratenen „Nacktscannern“, die Flugpassagiere durchleuchten sollen, in Verbindung gebracht. Etwas zu schnell. „Diese Geräte haben nicht viel mit der THz-Technologie zu tun, weil sie mit wesentlich niedrigeren Frequenzen arbeiten“, stellt Viktor Krozer, Stiftungsprofessor am Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), klar. Dort verantwortet er den Bereich Terahertz-Elektronik.
Qualitätssicherung, Medizintechnik, Kommunikation
Ein Terahertz (THz) ist die Frequenz von einer Billion Schwingungen pro Sekunde. Die Auflösung herkömmlicher Bildgebungssysteme kann damit drastisch gesteigert werden. Doch die Strahlung vermag mehr, als Verpackungen und Kleidung zu durchdringen. „Derartige bildgebende Systeme können auch in der industriellen Qualitätssicherung, der Medizintechnik und der breitbandigen drahtlosen Kommunikation eingesetzt werden“, erklärt Krozer. Bereits in der Voranwendung befänden sich zerstörungsfreie Methoden der Materialprüfung mit THz-Strahlen, etwa um feine Haarrisse unter der Ummantelung von Pipelines zu entdecken. Oder Schäden in den Verbundstrukturen der Rotorblätter von Windrädern und bei Flugzeugen. Krozer: „Solche Anwendungen werden massiv vorangetrieben.“
Pharmaunternehmen versprechen sich von den hochfrequenten Strahlen unter anderem die Güte des Überzuges von Kapseln besser kontrollieren zu können. Die Lebensmittelindustrie kann mit der THz-Technologie berührungslos durch Verpackungen die Qualität von Frischware wie Fisch oder Fleisch analysieren.
Vielfältig einsetzbar
Der entscheidende Vorteil der Terahertzstrahlung: Sie durchdringt viele Materialien, wirkt jedoch aufgrund der geringen Energie ihrer Photonen nicht ionisierend, was sie vielfältig einsetzbar macht. In drei bis fünf Jahren rechnet Krozer mit ersten markttauglichen Anwendungen.
Undenkbares denken
Er und sein Team bereiten den Weg dahin und gelten als eines der weltweit führenden Institute auf diesem Gebiet. Hier werden neue integrierte Quellen und Detektoren auf Halbleiterbasis für die THz-Strahlung erforscht und entwickelt. Die Wissenschaftler haben unter anderem einen einzigartigen Halbleiterprozess entwickelt, um mit integrierten Schaltungen komplette Systemkomponenten zu realisieren. Ein komplexes Feld für absolute Spezialisten mit dem Mut dazu, bisher Undenkbares zu denken. „Wir operieren am Rande dessen, was machbar ist“, bemerkt Krozer beiläufig.
Von Chris Löwer für Adlershof Special