Seriöse Forschung leicht präsentiert: Warum Medientraining wichtig ist
Für den Adlershofer Dissertationspreis werden die Bewerber professionell gecoacht
Im Erwin Schrödinger-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) kämpfen drei frisch gebackene Promovierte um den Adlershofer Dissertationspreis. Für den Vortrag haben sie gerade mal 15 Minuten Zeit, dann müssen Fragen aus dem Publikum beantwortet werden, bevor die Jury den Preisträger kürt. In diesem Februar ist es mit Hanna Drimalla – zum dritten Mal seit 2002 – eine Siegerin, die den mit 3.000 Euro dotierten Preis erhält.
In ihrer am HU-Institut für Psychologie angefertigten Dissertation erforschte sie eine spezielle Art von „Mimikry“, nämlich das automatische und unbewusste Nachahmen des Gesichtsausdrucks anderer Menschen. Wie die Psychologin mit computerbasierten Methoden zeigen konnte, drückt die Mimikry aus, wie Emotionen erkannt und Mitgefühl geäußert werden. Speziell ging es um die veränderte Mimikry von Menschen mit Autismus, woraus neue Möglichkeiten für Diagnostik und Interventionen resultieren können. Ihre Mitstreiter um den Dissertationspreis beschäftigten sich mit optischer Spektroskopie zur Herkunftsbestimmung von Molekülen beziehungsweise dem Verdrängungsprozess auf dem Berliner Wohnungsmarkt.
Es sind komplexe Zusammenhänge, die beim Wettkampf knapp gefasst, verständlich und möglichst unterhaltsam vorzutragen sind. Mit noch engeren Zeitvorgaben etwa von drei Minuten arbeiten mittlerweile zahlreiche „Science Slams“, bei denen das Publikum per Applaus den Gewinner bestimmt. Immerhin zehn Minuten dürfen die Vorträge beim Science Slam „Battle den Horst“ dauern, den die WISTA Management GmbH mittlerweile viermal jährlich veranstaltet, zusätzlich zum Redewettstreit in der „Langen Nacht der Wissenschaften“.
Seriöse Forschung auf diese Weise zu präsentieren, ohne dabei unpräzise oder gar platt zu werden, ist schwer. Professionelle Unterstützung wird mittlerweile geboten, direkt in Adlershof bei der Agentur Acksteiner. „Seit fünf Jahren coache ich nun die Finalisten des Dissertationspreises“, sagt Sylvia Acksteiner, erfahrene Journalistin und Moderatorin im Fernsehen und Rundfunk. Das Publikum dieser Veranstaltung sei zwar wissenschaftlich interessiert, aber nicht unbedingt mit den speziellen Forschungsgebieten vertraut. Der wichtigste Inhalt der Dissertation müsste also erklärt werden, jedoch leicht verständlich. „Es kommt nicht nur darauf an, was man sagt, sondern auch, wie man es sagt“, ist das Motto.
Spannende Gliederung und eingängiger Satzbau bilden das Gerüst des Vortrags. Betonung, Stimmführung und Gestik müssten passen, die Körpersprache dem Publikum zugewandt sein. PowerPoint-Folien bilden die Stütze. Auf wissenschaftlichen Konferenzen werden diese aber oft zu zahlreich und zu schnell präsentiert. „Wir machen die Folien verständlicher und benutzen Stichwortzettel“, sagt Acksteiner. Wichtig seien freies Sprechen, besonders bei der Begrüßung, und das Wecken von Emotionen.
Das zweimalige Training, einmal in der Dreier-Runde und einmal solo, zahlt sich offensichtlich aus. „Die Präsentationen haben durch das Coaching sehr gewonnen“, sagt die Trainerin. Es seien oft nur noch Nuancen, die den Ausschlag geben.
Diese Feinheiten konnte die diesjährige Siegerin offenbar gut vermitteln. Sie hat auch Übung, ist sie doch schon beim „Future Medicine Science Match“ mit einem dreiminütigen Vortrag aufgetreten. Dennoch, so Drimalla, hätten sie Coaching und das persönliche Feedback in Adlershof veranlasst, den „Vortrag radikal umzugestalten“. Wichtig war es, „einen roten Faden reinzubringen, zu straffen, manches anders auszudrücken“. Trotz des Trainings habe sie sich vor dem Vortrag etwas mulmig gefühlt, „spätestens jedoch bei den Fragen aus dem Publikum hat es total Spaß gemacht.“
Wenn, wie in der Corona-Krise, größere Veranstaltungen nicht möglich sind, ist Homeoffice und Online-Arbeit angesagt. Sylvia Acksteiner ist es durchaus gewohnt, mobil zu arbeiten, Video- und Telefonkonferenzen zu nutzen oder per Skype oder WhatsApp zu kommunizieren. Lieber ist ihr allerdings – wenn möglich – der persönliche Kontakt. Drimalla, die jetzt als Postdoc am Potsdamer Hasso-Plattner-Institut forscht, bevorzugt die Arbeit in ihrem Büro. Da sei der Arbeitsalltag leichter zu strukturieren als zu Hause. Doch manches fällt ihr am heimischen Schreibtisch leichter, beispielsweise ein Paper zu schreiben.
Von Paul Janositz für Adlershof Journal