Spezialgebiet Windernte
Bei der Adlershofer WINDnovation Engineering Solutions GmbH wird das Recycling beim Design von Rotorblättern gleich mitgedacht
Seit ihrer Gründung im Herbst 2007 hat die WINDnovation Engineering Solutions GmbH ihrem Namen alle Ehre gemacht: Über 300 verschiedene Rotorblätter und diverse Turbinen haben die Adlershofer bis heute für ihre Kundschaft in aller Welt entwickelt. Mittlerweile messen ihre längsten Blätter für Offshore-Windenergieanlagen über 100 Meter.
Kaum zwei Jahre nach ihrer Gründung meldete die Berliner WINDnovation 2009 einen im Wortsinn riesigen Erfolg: Sie hatte 44 Meter lange Rotorblätter für Chinas ersten Offshore-Windpark entwickelt, den das Land stolz auf der EXPO Shanghai 2010 präsentierte. „Heute stoßen wir bei den Blättern für Offshore-Anlagen in den Bereich von über 100 Metern vor“, berichtet Geschäftsführer Roland Stoer. Anlagen mit derart gigantischen Rotoren leisten unter optimalen Windbedingungen 15 Megawatt. Eine einzige davon kann rein rechnerisch 20.000 Haushalte nahezu klimaneutral mit Strom versorgen.
Gewachsen sind nicht nur die Rotorblätter, die WINDnovation für Anlagenbauer in aller Welt entwickelt. Auch das ursprünglich siebenköpfige Team ist auf 24 Beschäftigte gewachsen, die seit Juli 2008 im neuen Firmensitz in der Adlershofer Wagner-Régeny-Straße residieren. Das Angebot an Blättern und Turbinen wächst ebenfalls stetig. Über 300 Rotorblatttypen ab zehn Meter Länge aufwärts hat das Team bisher entwickelt. „Häufig passen wir das Design individuell an die Anlagen und Windverhältnisse am Standort an“, sagt Stoer. Beispielsweise für den Einsatz in dünner Hochgebirgsluft. Blätter, die im Flachland gute Ernte liefern, bieten hier zu wenig Fläche. In Simulationen entwickeln die Adlershofer ihre Blattdesigns. Alternativ können Kund/-innen ein Blatt von der Stange wählen. „Wir unterstützen sie bei der Auswahl und helfen beim optimalen Anschluss an die Turbinen“, erklärt er.
Ein weiteres Standbein des Unternehmens ist die Entwicklung von Windturbinen. Meist geht es um kleinere, maßgeschneiderte Anlagen mittelständischer Unternehmen. „Wir machen unserer Blattkundschaft keine Konkurrenz“, betont Stoer. Bis auf die drei Weltmarktführer, die ihre Rotoren selbst entwickeln und fertigen, setzen fast alle Anlagenanbieter auf WINDnovation. Als Maschinenbauer mit Kernkompetenz in der Mechanik und Elektronik überlassen sie das Design der immer größeren und spezifischer geformten faserverstärkten Kunststoffflügel gern dem Adlershofer Spezialisten.
Heute arbeitet das Team für Zielgruppen in China, Indien, Brasilien und weiteren Ländern – und legt die Latte für Nachahmer immer höher. Weltrekordblätter und Innovationen prägten das erste Jahrzehnt. Doch gerade in Sachen Nachhaltigkeit bleibt viel zu tun. So erreichen immer mehr Anlagen das Ende ihrer Lebensdauer; doch bisher fehlt es an Möglichkeiten zur sinnvollen Nachnutzung der komplexen Multimaterial-Sandwiches ihrer Rotorblätter. Viele Millionen Tonnen Sondermüll häufen sich weltweit an. WINDnovation möchte zur Lösung des Problems beitragen. Ansätze sieht Stoer in recyclingfreundlicheren Konstruktionen, in wiederverwertbaren Kunststoffen und im Einsatz von Naturfasern. Doch die Maßnahmen werden allenfalls bei zukünftigen Anlagen helfen. Mit Blick auf akut anfallende Altrotoren weist der Experte auf ein bisher kaum beachtetes Thermolyseverfahren hin. „Damit lassen sich die energiehaltigen Harze relativ sauber von den Fasern trennen und als Brenngas nutzen. Die freigelegten Fasern können erneut zur Verstärkung von Bauteilen genutzt werden“, erklärt er. Solche Verfahren gelte es zügig zu etablieren. Denn eins ist gewiss: Der globale Ausbau der Windenergie wird in den nächsten Jahren Fahrt aufnehmen. Da sich immer mehr Länder, darunter China, zur Klimaneutralität bis spätestens 2050 verpflichten, führt an Windkraft kein Weg mehr vorbei. Je effizienter und nachhaltiger, desto besser. Das Team von WINDnovation wird sich darum kümmern.
Von Peter Trechow für Adlershof Journal