Spitzensport und Studium – geht das zusammen?
Adlershofer Studenten auf Olympiakurs
Sie trainieren für die Olympiaqualifikation und besuchen gleichzeitig Vorlesungen an der Universität – rund 15 Spitzensportler studieren am Campus der Berliner Humboldt-Universität (HU) in Adlershof. Beides miteinander zu vereinbaren, ist für Maria Kurjo und Philipp Herder eine echte Herausforderung.
Rio de Janeiro 2016: Deutschland bei den Olympischen Spielen vertreten, das ist ihr großes Ziel. Wasserspringerin Maria Kurjo, 25 Jahre, A-Kader der Nationalmannschaft, ist als Kind im Sportunterricht entdeckt worden: „Zu Beginn hat es einfach Spaß gemacht, später faszinierte mich die Herausforderung, immer neue Sprünge zu lernen. Ich brauche eine sehr große Kontrolle über meinen Körper, um in der Luft solche Akrobatik zeigen zu können. Das macht für mich die Sportart aus.“
Maria Kurjo, Wasserspringerin und Psychologie-Studentin
Maria Kurjo ist Deutsche Meisterin im 10-Meter-Synchronspringen, Vierte bei der Europameisterschaft 2015, sie nahm an den Olympischen Spielen 2012 teil, ist Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr – Sport ist ihr Hauptberuf. Aber Maria Kurjo wollte auch unbedingt studieren. Spitzensport und Studium – geht das überhaupt? Ja, denn Spitzensportler bekommen Unterstützung. Basis dafür bildet eine Kooperationsvereinbarung der HU mit dem Olympiastützpunkt Berlin, die bereits seit 2002 besteht und kontinuierlich ausgebaut wurde. „Das ist total wichtig!“ nickt Maria Kurjo, die nun im dritten Semester ist. „Vormittags Training, mittags Uni, abends Training. Dazu Trainingslager oder Wettkämpfe. Ich brauche sehr viel Disziplin und Fleiß, anders geht das nicht.“ Unterstützt wird Maria dabei von einem Mentor an ihrem Institut. Er und 14 weitere auf die Fakultäten und Institute der HU verteilten Mentoren helfen bei der Organisation des Studiums. „Training hat ja Priorität, gerade wenn es um die Olympiaqualifikation geht. Da muss man die Vorlesungszeiten und die Prüfungen irgendwie koordinieren“, weiß Maria Kurjo aus Erfahrung.
Studium und Spitzensport
Neben Marie und Philipp werden rund 60 aktuelle Bundeskaderathleten und circa 90 weitere, sportlich erfolgreichen Studierende bei ihrem Balanceakt Duale Karriere unterstützt. Hierbei arbeiten der Olympiastützpunkt Berlin, die Zentraleinrichtung Hochschulsport sowie die jeweiligen Mentoren, Fach-, Verwaltungs- und Servicebereiche der Universität eng und in regem Austausch mit den entsprechenden Athleten zusammen. Ein Projektkoordinator, finanziert über Drittmittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, ist Dreh- und Angelpunkt des Betreuungssystems an der HU. Er hilft insbesondere beim Übergang in die Hochschule, beim Studieneinstieg und der Studienplanung. Ein speziell ins Leben gerufenes, studentisches Mentorenprogramm vernetzt studierende Spitzensportler untereinander und fördert damit den informellen Austausch.
Philipp Herder, Turner und Physikstudent
Der Kunstturner Philipp Herder, 23 Jahre, B-Kader der Nationalmannschaft, Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr, Juniorenmeister am Barren 2010, Dritter am Boden bei der Deutschen Meisterschaft 2014, studiert in einem Teilzeitstudium Physik an der HU. Physik hat ihn schon immer interessiert und er schätzt die Atmosphäre am Wissenschaftsstandort Adlershof. Einmal in der Woche ist er hier am Campus. „Es ist ehrlich gesagt extrem schwer“, gibt er zu, „während der Einführungsphase war ich auf Weltmeisterschaft. Der Einstieg war total stressig. 27 bis 30 Stunden in der Woche Training, dazu Physiotherapie, Trainingslager. Dreimal in der Woche zur Uni. Ich wollte das erste Semester abbrechen und habe mich dann an meinen Mentor gewendet.“ Der hat ihm geholfen, ins physikalische Grundpraktikum reinzukommen. Jetzt läuft das Studium von Philipp. „Ich krieg das schon irgendwie hin, man muss eben sehr gut planen können.“ Im neuen Jahr 2016 stehen für den Kunstturner zunächst die vorolympischen Spiele im März in Rio an, um „dort die Tickets für Olympia klarzumachen. Unter die ersten vier von acht Mannschaften zu kommen, das sollten wir schaffen.“ Ob er selbst dabei sein wird, weiß er noch nicht. Aber ein Traum wäre es schon für ihn.
Von Jördis Götz für Adlershof Journal